Harald Schneider, Leiter der Bildredaktion der Austria Presse Agentur (APA) in Wien, ist einer, der es wissen muss: Bilder faszinieren. Wir erzählen damit Geschichten und machen Emotionen sichtbar. Dass der Einsatz von Bildern auch Fragen nach Glaubwürdigkeit, Beweiskraft und Objektivität aufwirft, erklärt er im Interview.
Bilder erklären uns die Welt! Warum wir trotzdem vorsichtig sein sollten…
Gudrun Reimerth, 30. Januar 2017Das Wetter, im Titelbild oben symbolisch dargestellt, ist ein unverfängliches Thema. Für alle anderen Themen stelle ich die Frage an Sie als Fotograf: Zeigen Bilder die Realität?
Viele, die an Bilder denken, kennen diesen Spruch: Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Gemeint ist damit die Beweiskraft eines Bildes, die sämtliche Erklärungen überflüssig macht. Dieser Spruch hat so niemals ganz gestimmt, da es schon immer möglich war, durch eine gezielte Perspektive oder Ausschnittveränderung der Realität zu entrücken.
Ohne Bildunterschrift ist nicht klar, ob dieses Bild Ostern oder die winterliche Arbeit eines Bauern darstellt. Im APA picturedesk.com wird es als „Themenbild: Ostern/Lämmer“ geführt. (Foto: BARBARA GINDL / APA / picturedesk.com)
Bilder haben heute mehr Bedeutung als früher, da die Verbreitung der Bilder und die rasch entstehenden Kommentare dazu in großer Anzahl so leicht und schnell wie nie zuvor stattfindet. Innerhalb kürzester Zeit können Bilder große Gruppen emotionalisieren und damit Kettenreaktionen auslösen.
Heute würde wohl folgender Spruch passen: Durch ein Bild entstehen mehr als tausend Worte. Bilder lösen – vor allem in sozialen Netzwerken – oft einen Sturm an Meinungsäußerungen aller Art aus. Bis zu den mittlerweile üblichen Hasspostings.
Man merkt aber doch häufig, dass diese Bilder manipuliert wurden. Warum lösen sie dennoch oft die von Ihnen erwähnten Shitstorms aus?
Dass Bilder sehr oft manipuliert sind, ist den meisten SeherInnen auch bewusst. Dieser Umstand tut den heftigen Diskussionen und der Verbreitung solcher Bilder oft keinen Abbruch. Bilder werden zum Schüren von Emotionen benutzt. Auch deshalb hat der Agenturjournalismus an Bedeutung zugenommen. Die Verantwortung von Fotografinnen und Fotografen sowie Bildredakteurinnen und Bildredakteuren ist essenziell.
Agenturjournalismus bei der Angelobung von Alexander Van der Bellen als Bundespräsident im Österreichischen Parlament. (Foto: ROLAND SCHLAGER / APA / picturedesk.com)
Wie schützt man sich in der APA davor?
Bilder aus Agenturen folgen strengen Richtlinien: Verfälschung oder auch Verfremdung jeder Art ist unzulässig. Der Anspruch einer Agenturfotografin oder eines Agenturfotografen muss neben der Qualität und der Bildsprache auch sein, die Wirklichkeit objektiv von allen Seiten zu beleuchten. Er muss immer das Ganze im Auge behalten und darf nicht einseitig berichterstatten. So könnte zum Beispiel auch das Weglassen eines Bildes die Situation verfälschen.
Geben Sie Richtlinien an Fotografinnen oder Fotografen aus?
Jede Fotografin und jeder Fotograf hat natürlich auch persönliche Neigungen und Interessen. Beim Fotografieren, Bearbeiten und Aussuchen der Bilder müssen auch BildredakteurInnen alle Seiten beleuchten und persönliches ausblenden. Diese Richtlinien sind zwingend im Agenturjournalismus. Auch ethische Richtlinien sind zu beachten. Das gilt sowohl für den Bildinhalt wie auch für das Entstehen eines Bildes. Nur wenn die Kette dieser Richtlinien eingehalten wird kann ein Bild als möglichst „objektiv“ bezeichnet werden.
Harald Schneider, Leiter der Bildredaktion der Austria Presse Agentur (APA) in Wien (Foto: HELMUT FOHRINGER / APA)
Tipp
Ab Herbst 2017 startet bei uns der neue Master-Lehrgang „Visuelle Kommunikation und Bildmanagement“. Bewerbungen ab sofort möglich!