Während die traditionellen Suchwerkzeuge der Bibliothek (wie Online-Katalog oder Datenbanken) uns mit qualitativ hochwertigen Artikeln und Co versorgen, können KI-basierte Tools wie ChatGPT, Semantic Scholar oder Research Rabbit die Recherche unterstützen und beschleunigen. Besonders wichtig ist jedoch, sich im Vorfeld genau darüber zu informieren, welches KI-Tool was kann – und vor allem, was nicht.
Zerlegen wir den Prozess der Literaturrecherche in drei Bausteine:
- Identifizierung relevanter Suchbegriffe
- Erstrecherche: Suche nach passenden Artikeln
- vertiefende Recherche: Identifizierung ähnlicher Artikel
1. Identifizierung relevanter Suchbegriffe
Vor dem Start der Recherche benötigen wir geeignete Suchbegriffe (v.a. englische Übersetzung) und Synonyme bzw. ähnliche Begriffe. Hierbei können LLMs (Large Language Models) wie ChatGPT (kostenfrei) hilfreich sein. Das sind – vereinfacht gesagt – KI-Tools, die mit Text trainiert worden sind, um Sprache zu verstehen und Texte zu erstellen. Sie können Gespräche führen und auf Fragen antworten – das ist leider auch ein Problem, denn LLMs antworten basierend auf Mustern/Wahrscheinlichkeiten, weshalb der Informationsgehalt oft sehr überzeugend verpackt wird, aber nicht notwendigerweise korrekt ist.
Also, LLMs sind keine Tools für die Recherche, aber man kann sich trotzdem ihre Stärke zunutze machen – Sprache. Probiert klar strukturierte und verfasste Prompts (Eingaben) wie diese aus: „Ich studiere XX/Ich forsche zu XX. Meine Abschlussarbeit schreibe ich zum Thema YY/Ich arbeite an einem wissenschaftlichen Artikel zum Thema YY. Zu diesem Thema suche ich Literatur in wissenschaftlichen Datenbanken. Nenne mir geeignete Suchbegriffe in englischer Sprache, ergänze jeweils auch Synonyme und ähnliche Begriffe.“
2. Erstrecherche: Suche nach passenden Artikeln
Diese beiden KI-Tools eignen sich dafür:
- Semantic Scholar: Hier könnt ihr nach euren Suchbegriffen suchen und für die Auswahl der Artikel KI-Tools einbeziehen.
Registrierung/Kosten: auch ohne Registrierung möglich, kostenfrei
Datenbasis: Kooperationen mit wissenschaftlichen Verlagen (wie IEEE oder Springer), Data Provider (wie Preprint-Server), Web Crawls (das ganze Internet)
KI: Kurzzusammenfassungen, Auswertung der Zitationen (most influential papers/citations), Ask-this-paper, skimming assist im semantic reader (sehr eingeschränkt nutzbar) - Consensus: Bei diesem Tool ist die Suche mittels Forschungsfrage möglich; die KI erstellt eine nachvollziehbare, transparente Analyse/Auswertung anhand der 10 relevantesten Paper.
Registrierung/Kosten: Registrierung erforderlich, kostenfreie Basisversion mit limitierten AI credits
Datenbasis: Semantic Scholar (1x monatlich Update)
KI: nachvollziehbare Antwort (Quellenverweis) auf Forschungsfrage anhand von KI-Auswertungen, Kurzzusammenfassungen, Ask-this-paper, Study Snapshots, Influential Citations (basierend auf Semantic Scholar)
3. vertiefende Recherche: Identifizierung ähnlicher Artikel
Ihr habt einen sehr gut passenden Artikel gefunden? Mit diesen beiden Tools könnt ihr ähnliche Artikel finden und Relationen über Graphen nachvollziehen:
- Research Rabbit: Anhand von Identifikatoren wie dem DOI kann man ein relevantes Paper (oder eine vorher erstellte Sammlung an Artikeln) als Basis festlegen und basierend auf Zitationen verwandte Artikel finden (Literatur Mapping).
Registrierung/Kosten: Registrierung erforderlich, kostenfrei
Datenbasis: OpenAlex, Semantic Scholar
KI: grafische Darstellung der Beziehung zwischen Publikationen (earlier work, later work, similar work) bzw. Autor:innen - Connected Papers: Ähnlich wie bei Research Rabbit erhält man hier Vorschläge von relevanten Artikeln auf Basis von Überschneidungen bei den Referenzen/Zitaten.
Registrierung/Kosten: auch ohne Registrierung möglich, kostenfreie Basisversion mit limitierten Graphen
Datenbasis: Semantic Scholar
KI: grafische Darstellung der Beziehung zwischen Publikationen
Dennoch muss man sich über die folgenden Punkte im Klaren sein:
- Von der KI erstellte Inhalte müssen auf Richtigkeit überprüft werden, ich kann mich nicht 100% darauf verlassen. Habe ich genug Zeit/Vorwissen dafür?
- Abhängig von der Datenbasis bekomme ich neben qualitativ hochwertigen Artikeln, die ein Peer-Review-Verfahren durchlaufen haben, auch Ergebnisse, deren Qualität zu hinterfragen ist – das passiert mir bei einer etablierten Datenbank wie ACM, IEEE oder Elsevier nicht.
- In den Datenbanken, welche die Bibliothek verwaltet, habe ich Zugriff auf die Volltexte – bei KI-Tools sind nicht immer Volltexte dabei.
- Bei der Eingabe von Daten in Prompts oder auch bei einem eventuellen Upload eines PDFs in ein KI-Tool darf ich weder gegen die Datenschutzbestimmungen noch gegen das Urheberrechtsgesetz verstoßen. Also keine sensiblen Daten verwenden und auch nur Texte hochladen, die ich selbst verfasst und noch nirgends veröffentlicht/eingereicht habe.
- Wie bei den meisten Datenbanken empfiehlt sich die Suche in englischer Sprache.
Zu diesem Thema findet am 17. Dezember um 13 Uhr ein Online-Vortrag Literaturrecherche und KI statt.