Was haben Ruckerlberg und Triestersiedlung gemeinsam? Das Projekt ÖKOTOPIA hat sieben Grazer Stadtgebiete mit Zahlen versehen: von der Bebauung und dem Verhältnis von öffentlichem Raum und Wohnfläche über die ortsbezogene Identität bis hin zur Verkehrsmittelwahl der Bewohnerinnen und Bewohner.
Am Weg zur Stadtutopie
Eva-Maria KienzlWie viel Grünfläche gibt es? Wie viel Wohnfläche stehen einer Einwohnerin beziehungsweise einem Einwohner im Durchschnitt zur Verfügung? Wo werden Nachbarschaftsbeziehungen eher gepflegt? Fragen wie diese und viele mehr waren Ausgangspunkt des Projekts ÖKOTOPIA. Dabei wurden Stadtgebiete genau beleuchtet und den Bewohnerinnen und Bewohnern Fragen zu ihrem Alltag gestellt. Alexandra Würz-Stalder, Lehrende von „Architektur“ und „Bauplanung und Bauwirtschaft“ sowie Kuratorin einer Ausstellung zum Thema, gibt im Interview Einblicke in das Forschungsvorhaben.
Wie ist das Projekt ÖKOTOPIA entstanden?
Alexandra Würz-Stalder: „Das Projekt ÖKOTOPIA wurde durch den Zusammenschluss von drei thematisch breit gestreuten Fachrichtungen an der FH JOANNEUM initiiert: nämlich dem Bauwesen, der Infrastrukturwirtschaft und der Sozialen Arbeit. Im zweiten Anlauf haben wir die Förderung eines fünfjährigen Forschungsprojekts von der FFG mit dem Ziel des Aufbaus von inter- und transdisziplinärer Forschungskompetenz und Wissensgenerierung erhalten.“
Wie wurden die Bewohnerinnen und Bewohner in das Projekt einbezogen?
Alexandra Würz-Stalder: „Der Schwerpunkt des Projekts ÖKOTOPIA ist der Ressourcenverbrauch von Stadtteilen in Abhängigkeit zu ihrer Typologie – also der baulichen Gegebenheit. Der Fokus liegt dabei vor allem auf den Stadtbewohnerinnen und Stadtbewohnern und deren Nutzungsverhalten. In diesem Zusammenhang wurden umfangreiche Untersuchungen vorgenommen – darunter auch eine sozialwissenschaftliche Befragung der Bewohnerinnen und Bewohner. Sie haben die Grundlage zur Entwicklung des vielschichtigen ‚Datenkorpus‘ geliefert. Auf Basis dieser Ergebnisse wurde ein Kriterienkatalog formuliert, der als Steuerungs- und Planungsinstrument für nachhaltige Stadtentwicklung eingesetzt werden kann. Das Projekt ist also eine theoretische Grundlage für tatsächliche Umsetzungsprojekte.“
Die Projektergebnisse von ÖKOTOPIA und anderen Projekten der FH JOANNEUM sind aktuell in Form einer Ausstellung zu sehen. Wie ist es dazu gekommen?
Alexandra Würz-Stalder: „Die Verantwortlichen des GrazMuseum haben angefragt, ob es Interesse gibt die Projektergebnisse von ÖKOTOPIA zu präsentieren. Neben dem eher theoretischen Projekt wollte ich auch Umsetzungsprojekte zeigen. Diese Projekte zeichnen sich dadurch aus, dass sie es ermöglichen, die Stadt als Lebensraum zu begreifen und zu nutzen: Angefangen von Mobilitätsapps für Kinder, Personen mit Beeinträchtigungen oder Radfahrerende (Institut Energie-, Verkehrs- und Umweltmanagement) über Bewegungsförderung durch Generationenspielplätze, die Gestaltung von Gemeinden (Institut Gesundheits- und Tourismusmanagement)oder Walkability von Städten (Institut Ergotherapie) bis hin zur Lebensmittelversorgung aus dem städtischen Umfeld (Institut Angewandte Produktionswissenschaften). Jedes Projekt ist auf seine Weise spannend und sucht Antworten auf Fragen des Zusammenlebens von morgen und zwar nicht mittels Top-down-Verfahrens, sondern basierend auf Erfahrungswerten und Bedürfnissen der Bewohnerinnen und Bewohner.“
Wie geht es mit den Projekten weiter? Einige der Projekte wurden schon umgesetzt und auch die Erkenntnisse von ÖKOTOPIA werden weiterhin genutzt: etwa in einem Projekt zur Gestaltung eines Stadtteils in Hinblick auf gesundes Altern. Wer weitere Ideen hat, kann diese in der Ausstellung in Form von „Datenspuren“ hinterlassen. Besucherinnen und Besucher sind herzlich dazu eingeladen, sich an einer Fortführung der Untersuchung anhand vorgefertigter Umfragen zu beteiligen. Auch über persönliche Ideen für Fragestellungen in den Untersuchungen freuen sich die Forscherinnen und Forscher.
Übrigens: Die Antwort auf die Einstiegsfrage ist die Häufigkeit, dass das Rad für tägliche Einkäufe gewählt wird – nämlich sowohl am Ruckerlberg als auch in der Triestersiedlung von 11,4 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner.
Tipp
Bis zum 7. Oktober 2018 gibt es die Ergebnisse der genannten Projekte im Rahmen einer Ausstellung täglich außer dienstags im GrazMuseum von 10:00 bis 17:00 Uhr zu sehen. Weitere Informationen finden Sie im Eventeintrag und in der Presseaussendung.