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Athletiktraining im Fußball: Das sagen Experten

Niklas Sieger
Fußballer hält Ball in der Luft zwischen den Füßen

Ausdauerübungen mit Ball können im Amateurfußball ins reguläre Fußballtraining integriert werden.

Am 15. Mai 2019 findet an der FH JOANNEUM die erste österreichische Konferenz für Athletiktraining im Fußball statt. Zu Gast sind Experten aus dem Athletikbereich, darunter das Athletiktrainerteam von Dinamo Zagreb. Im Mittelpunkt stehen neue Trends und Forschungsergebnisse, die auch für nicht im Hochleistungssport tätige Trainer relevant sind. In diesem Beitrag geben zwei Vortragende Einblicke in ihr Verständnis von Athletiktraining.

Martin Mayer

Martin Mayer absolvierte ein Sportstudium, diesem folgte 2003 die Promotion zum Sportwissenschaftler. Er arbeitete von 2002 bis 2018 als Athletiktrainer bei verschiedenen österreichischen und ausländischen Spitzenvereinen, darunter Austria Wien, AC Spezia und Lech Posen. Seit 2018 ist er bei Dinamo Zagreb tätig. Neben der Sportwissenschaft beschäftigt er sich vor allem mit Kinder- und Jugendtraining, Coaching und Wettkampflehre. Außerdem ist er in der Trainerausbildung des ÖFB Vortragender im Bereich Kraft- und Schnelligkeitstraining.

Karlo Reinholz

Karlo Reinholz hat einen Masterabschluss in Bewegungswissenschaften, Kraft- und Ausdauertraining sowie Leistungstestung der Universität Zagreb. Dort arbeitet er heute auch als Vortragender. In seiner Vergangenheit war er bereits im Jugendbereich des Vereins tätig, weshalb er viel Erfahrung in seinem Bereich mitbringt. Seit 2017 ist er Bestandteil des Athletiktrainerteams des amtierenden kroatischen Meisters Dinamo Zagreb, wo er die Rolle des Kraft- und Ausdauertrainers sowie Sportwissenschaftlers einnimmt.

Welchen Stellenwert nimmt das Athletiktraining im modernen Fußball für Sie ein?

Martin Mayer: „Das Athletiktraining stellt eine Grundlage für den individuellen Erfolg der Spielerinnen und Spieler sowie der Fußballmannschaft dar. Nur durch gute körperliche Leistungsfähigkeit können taktische Vorgaben und technische Fertigkeiten umgesetzt werden.“

Karlo Reinholz: „Statt Athletiktraining würde ich lieber den international anerkannten Begriff Kraft- und Ausdauertraining verwenden. Aus meiner Sicht als Kraft- und Ausdauertrainer beziehungsweise Sportwissenschaftler bringt dieses Training sehr positive Effekte im modernen Fußball mit sich. Die heutzutage sehr hohe Nachfrage an Fußballspielen sorgt für eine kurze Regenerationszeit zwischen den Spielen, was großen Spielraum im Bereich der physischen Vorbereitung und Regenerationsmethoden eröffnet. Kraft- und Ausdauertraining kann zur allgemeinen Performanceentwicklung, Senkung des Verletzungsrisikos und Beschleunigung des Regenerationsprozesses führen sowie den Sportler zu einem selbstbewussten und gesunden Menschen machen. Um die Rolle der Athletiktrainerinnen und -trainer hervorzuheben: Ohne Übereinstimmung mit Kolleginnen und Kollegen sowie einer guten Zusammenarbeit können gesetzte Ziele nicht erreicht werden.“

Gibt es beim Training von Fußballerinnen und Fußballern im Spitzen- und Amateurbereich wesentliche Unterschiede?

Martin Mayer: „Grundsätzlich gelten überall die gleichen Trainingsprinzipien. Im professionellen Bereich sind aber die Voraussetzungen und Umsetzung besser: durch hauptberufliche Athletiktrainerinnen und -trainer sowie mehr Trainingszeit und Infrastruktur.“

Karlo Reinholz: „Ja, dort gibt es deutliche Unterschiede. Allein der Aspekt des wöchentlichen Trainingsaufwands weist wesentliche Differenzen auf. Während professionelle wettbewerbsorientierte Trainingseinheiten wöchentlich über 800 Minuten in Anspruch nehmen, sind Amateurinnen und Amateure oft weniger als die Hälfte dieser Zeit aktiv. Auch im Bereich der internen (etwa Training in höherem Herz-Frequenz-Bereich) und externen (darunter Abdecken einer größeren Hochgeschwindigkeitsdistanz) Intensität, Kraft- und Powerentwicklung, Verletzungsprävention und jeder anderen Art von Ausdauer finden wir Unterschiede. Ein höheres Level an Professionalität, Einbringung von Expertenmeinung und bessere Ausrüstung gewährleistet schlichtweg eine detailliertere und in vielen Fällen effizientere Arbeit.“

Wie kann im Amateurfußball das Ausdauertraining ins reguläre Fußballtraining eingebaut werden?

Martin Mayer: „Durch Integration von Ausdauerübungen mit Ball. Zusätzliche Läufe außerhalb des regulären Trainings.“

Karlo Reinholz: „Basierend auf der Tatsache, dass es im Amateurfußball aufgrund des geringeren Trainingsaufwands wenig Zeit für Stoffwechseleffekte gibt und man dort Spielerinnen und Spieler mit weniger Trainingserfahrung findet, muss man die optimalen Trainingsinhalte zur Ausdauerentwicklung mit Bedacht wählen. Angenommen, die Aerobic-Basis der Spielerinnen und Spieler sei angemessen, ist es möglich, verschiedenes, umfangreiches und intensives Fußballtechniktraining (Ecken-, Kreisspiele, Spiele auf Kleinfeld) zu integrieren, wobei hier weniger Wert auf die Belastungskennzahlen der Spielerinnen und Spieler gelegt wird. Das Gewinnrezept kann aus einer Kombination von Laufeinheiten (zum Beispiel fixe Distanz in vorgeschriebener Zeit) und besonderen Fußballübungen bestehen. Die Implementierung einer Ausdauertestung zu Beginn und am Ende einer bestimmten Periode hilft sehr in Bezug auf Belastungsfestlegung und Folgeeffekte der Laufeinheiten.“

Ist Athletik-/Fitnesstraining eher eine individuelle Angelegenheit, die von den Spielerinnen und Spielern selbst übernommen werden muss oder soll das Athletiktraining ins allgemeine Gruppentraining integriert werden?

Martin Mayer: „Der Hauptanteil einer guten sportspezifischen körperlichen Leistungsfähigkeit muss bei den sportartspezifischen Trainings gesetzt werden. Dauer und Intensität der Spielformen, Passübungen, Abschlussübungen. Ein integriertes Krafttraining ist möglich, wesentlich effektiver ist aber Individualtraining.“

Karlo Reinholz: „Fußball ist ein Mannschaftssport, weshalb der Großteil des Trainings in einer Gruppe abgehalten wird, bei der die Fitness, Kraft und Ausdauer der Spielerinnen und Spieler entwickelt oder aufrechterhalten wird. Die richtige Dosierung und Kontrolle der Belastung hängt von der Arbeit des gesamten Trainerteams ab. Wenn es um die Ausführung von Inhalten abseits des Fußballtrainings geht, sollten wir eine Individualisierung der Inhalte, Methoden und Belastung anstreben. Da eine Gruppe zumeist aus Menschen mit unterschiedlichen neuromuskulären Funktionen besteht, kann durch homogene Stimuli keine allgemeine Balance erreicht werden. Beispielsweise muss im Bereich Kraft für jede Spielerin und für jeden Spieler die optimale Belastung und Übung entwickelt werden, da es sonst unmöglich ist, die Eigenschaften effektiv zu verbessern. Dabei können Trackingsysteme und Fragenkataloge sehr hilfreich sein. Da man ebenfalls die Verletzungsgeschichte, Risikofaktoren für Verletzungen, Spielerinnen- und Spielerdefizite, Trainingserfahrung, Müdigkeit und Periodisierung berücksichtigen muss, müssen wir den besten Mix aus Kraft- und Ausdauerstrategien finden. Wenn eine Kombination aus Einzel- und Gruppentraining gut ausgeführt wird, hat diese einen wirklich erstaunlichen und effektiven Effekt, den nicht einmal alle erhältlichen Pillen der Welt zusammen erreichen könnten.“

Die vier Vortragenden bei der ersten österreichischen Konferenz für Athletiktraining im Fußball.

Neben Martin Mayer und Karlo Reinholz sprechen bei der ersten österreichischen Konferenz für Athletiktraining an der FH JOANNEUM zwei weitere hochkarätige Vortragende über ihr Fachgebiet:

Soner Mansuroglu

Soner Mansuroglu hat sein Masterstudium in Strength and Conditioning an der Coventry University abgeschlossen. Danach war er für den Premier League Club West Bromwich Albion als Athletiktrainer, Sportwissenschaftler und Datenanalyst für diverse Jugendmannschaften und die Profimannschaft tätig. Seit 2017 ist er bei Catapult Sports beschäftigt und derzeit als Business Development Manager aktiv.

Dietmar Wallner

Dietmar Wallner, Sport- und Trainingswissenschaftler sowie diplomierter Trainer für Leichtathletik, lehrt und forscht seit 2002 an der FH JOANNEUM. Er studierte an der Karl-Franzens-Universität Graz und der Universität Salzburg und hospitierte an mehreren US-Olympiatrainingszentren sowie bei zahlreichen der renommiertesten Fußballklubs Europas. 2006 gründete Dietmar Wallner das sportwissenschaftliche Labor der FH JOANNEUM, welches er seitdem leitet. Das Labor betreut nationale und internationale Sportvereine, Nationalmannschaften, Sozial- und Gesundheitsinstitutionen sowie Unternehmen. Die Forschungsschwerpunkte von Dietmar Wallner liegen im Bereich der angewandten Trainingswissenschaft.

Tipp

Weitere Informationen zum Inhalt sowie zum Programm der ersten österreichischen Konferenz für Athletiktraining im Fußball finden Sie hier.

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