Projektziele
Pfarrerin, Pfarrer, Ärztin, Arzt, Lehrerin und Lehrer spielten über Jahrzehnte hinweg eine autoritäre Rolle im gesellschaftlichen Leben in provinziellen Regionen. Regionale Veränderungen haben zum Teil räumliche Restrukturierungen zur Folge mit dem Ziel, traditionelle Konzepte zu optimieren oder gar zu ersetzen. Megatrends wie Digitalisierung im Gesundheitswesen, Telecare und Telemedizin sowie Primärversorgungskonzepte stehen demzufolge vor der Herausforderung gesetzliche Bestimmungen zu erfüllen und gleichzeitig Gesundheitsleistungen glaubhaft und vertrauenswürdig anbieten zu können.
Das Ziel des Projekts Landarzt 2.0 ist die Darstellung des Paradigmenwechsels in der ländlichen Gesundheitsversorgung mittels qualitativer Forschungsmethoden unter Berücksichtigung der verschiedenen Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortungen der Medizin, Gesundheitsberufe, Hebammen, Pflege und der psychosozialen Versorgung. Darüber hinaus sollen potenzielle Friktionen zwischen Patientinnen und Patienten sowie Gesundheitsanbietern identifiziert werden und Empfehlungen für neue regionale Primärversorgungskonzepte abgeleitet werden.
Vorgehen im Projekt
Das Projekt wird unter der Leitung von Johanna Muckenhuber, Hochschullektorin am Institut Soziale Arbeit der FH JOANNEUM Graz, in einem multidisziplinären Team mit Partnerinnen und Partnern der Medizinischen Universitäten Graz und Wien durchgeführt. Im Projektteam arbeiten Kolleginnen und Kollegen aus der Medizin, aus der psychosozialen Versorgung (Soziale Arbeit, Psychologie und Psychotherapie), der Pflege sowie aus Gesundheitsberufen (Physiotherapie und Ergotherapie) zusammen.
Durch die Interdisziplinarität des Teams werden bereits im Team Perspektiven der zentralen Akteurinnen, Akteure und Stakeholder im Feld der Primärversorgung berücksichtigt. Die Sozialmedizin und die Soziologie gewährleistet eine neutrale sozialwissenschaftliche Perspektive.
Mittels qualitativer Forschungsmethoden werden folgende Forschungsfragen beantwortet:
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Forschungsfrage 1:
In welchen Bereichen der Gesundheitsversorgung besteht ein Potenzial für Friktionen zwischen den qualitativen Anforderungen der ansässigen Bevölkerung und den regional verfügbaren Angeboten in Primärversorgungseinheiten im ländlichen Raum? -
Forschungsfrage 2:
Wie stellt sich das aktuelle Rollenbild in der provinziellen Gesundheitsversorgung gegenüber moderner Versorgungskonzepte im Rahmen eines Paradigmenwechsels im Gesundheitswesen in der Steiermark dar? -
Forschungsfrage 3:
Spielen regionale Rahmenbedingungen und die „regionale Identität“ für die Bevölkerung eine Rolle in der Gesundheitsversorgung im Sinne einer „regionalen Gesundheitsidentität“?
Zur Beantwortung dieser Forschungsfragen werden qualitative Interviews und Fokusgruppendiskussionen mit Personen aus der Bevölkerung sowie mit Angehörigen der Berufsgruppen aus der Medizin, den Gesundheitsberufen, der Hebammen, der Pflege sowie der psychosozialen Versorgung durchgeführt und analysiert.
In Workshops mit Stakeholdern aus den oben angeführten Berufsgruppen werden die Ergebnisse kooperativ interpretiert und Empfehlungen abgeleitet.
Die Ergebnisse werden in wissenschaftlichen Publikationen und Vorträgen sowie in Form von Informationsmaterial und Berichten an die Fachöffentlichkeit und die Stakeholder weitergebeben.