Am Wochenende fanden die Steirischen Landtagswahlen statt. Auch an der FH JOANNEUM wird diesbezüglich geforscht. Heinz Wassermann, Politikexperte und Lehrender am Institut Journalismus und Public Relations (PR), leitet das Forschungsprojekt. Ziel ist es, Wahldaten auszuwerten und diese für eine mediale Öffentlichkeit bereitzustellen. Finanziert wird das Projekt vom ORF Steiermark und der Kleinen Zeitung.
Wahlforschung an der FH JOANNEUM
Linda Schwarz, 28. November 2019Bereits seit vielen Jahren beschäftigt sich der Wahlforscher Heinz Wassermann mit Statistiken, Ergebnissen und Daten rund um Wahlen in Österreich. Die Gemeindestrukturreform 2015 war schließlich der Wendepunkt für ihn: Zu diesem Zeitpunkt hat er erstmals die Ergebnisse professionell zusammen mit Studierenden untersucht und medial aufbereitet. Nachdem es insbesondere in den letzten vier Jahren turbulent in der Politik zuging und sowohl Nationalratswahlen, als auch Landtagswahlen stattfanden, hat Heinz Wassermann ein Forschungsprojekt am Institut Journalismus und Public Relations (PR) initiiert. Zusammen mit sechs ehemaligen Studierenden von „Journalismus und Public Relations (PR)“ und der wissenschaftlichen Mitarbeiterin Sonja Radkohl arbeitet er am Projekt.
Im Vorfeld wurden die Datensätze aufbereitet und schließlich am Wahltag selbst ausgewertet.
„Das Kunststück besteht darin innerhalb von eineinhalb bis maximal zwei Stunden nachdem die letzten Wahllokale schließen (um 16:00 Uhr bei Landtagswahlen, um 17:00 Uhr bei Nationalsratswahlen in Graz), die Daten für die ganze Steiermark zu erfassen, darunter die Parteiergebnisse, die Prozentpunkte und die Wahlbeteiligung. Anschließend werden die Werte kodiert, sprich es wird untersucht, ob die Wahlbeteiligung beispielsweise gestiegen, gleichgeblieben oder gesunken ist. Gleichzeitig werden auch Mehrheitsverhältnisse bestimmt“, erklärt Heinz Wassermann.
Die Absolventinnen und Absolventen, sowie die wissenschaftliche Mitarbeiterin unterstützen ihn dabei. Jede Gruppe erfasst Datensätze von zirka 80 Gemeinden, anschließend werden die Ergebnisse gegengecheckt und in das Statistikprogramm eingefügt.
Ziele des Forschungsprojekts
Das Forschungsprojekt verfolgt zwei Ziele: Im Vorfeld stellte man sich die Frage, wie man 21.000 Daten und Ergebnisse lukrieren und diese verständlich und verwendbar für Medien aufbereiten kann. Es sei wichtig, die Informationen medial einem breiten Publikum zur Verfügung zu stellen, dass mit der Fachterminologie nichts zu tun hat, meint Heinz Wassermann. Er und sein Team fungieren dabei als Dienstleister und bieten ihre Kompetenzen exklusiv dem ORF Steiermark und der Kleinen Zeitung an.
Zudem wird auch ein wissenschaftliches Ziel verfolgt. Die Ergebnisse werden in verschiedenen Fachpublikationen, darunter im „Österreichischen Jahrbuch für Politik“ oder im „Steirischen Jahrbuch für Politik“, veröffentlicht.
Das Projekt verfolgt auch ein wissenschaftliches Ziel, die Ergebnisse werden in verschieden Fachpublikationen veröffentlicht. Foto: FH JOANNEUM
Gewonnene Erkenntnisse und Ergebnisse der Wahlforschung
Durch die historische Kontinuität konnten die Ergebnisse gut miteinander verglichen werden. Heinz Wassermann erklärt: „2015 beispielswiese fraß sich die FPÖ stark in die SPÖ und ÖVP ein. Seit der Nationalratswahl 2017 aber lässt sich eine Gegenbewegung erkennen: Die ÖVP höhlt die FPÖ immer mehr aus, sowohl auf Bundes-, als auch auf Landesebene“.
Auch zwischen dem Einkommen und dem Wählerinnen- und Wählerverhalten konnten Rückschlüsse gezogen werden. So ergaben die Ergebnisse beispielsweise, dass Personen mit einem höheren Einkommen wesentlich häufiger KPÖ, die Grünen, SPÖ und Neos zu wählen als ÖVP und FPÖ.
Zudem fand man heraus, dass die steirische Volkspartei in Abwanderungsgemeinden, in dünn besiedelten Kommunen, in Gemeinden mit mehr Aus- als Einpendlerinnen und -pendlern, in ländlich strukturierten Gemeinden und in solchen, wo das Bruttodurchschnittsgehalt unter dem Landesdurchschnitt liegt, besonders gut abschneidet. Je höher der Prozentanteil von Pflichtschulabsolventinnen und -absolventen, Arbeiterinnen und Arbeitern, Selbständigen und Beschäftigten in der Land- und Forstwirtschaft ist, desto besser fällt ihr Gesamtergebnis aus. Negativ wirken sich auf ihr Ergebnis ein hoher Anteil an Migrantinnen und Migranten, Maturantinnen und Maturanten, Hochschulabsolventinnen und -absolventen, Angestellten und im Dienstleistungssektor Beschäftigten auf Gemeindeebne aus.
Das entwickelte Untersuchungs- und Auswertungsmodell von Heinz Wassermann ließe sich auch auf nationaler Ebene anwenden. Die Methode ist einzigartig und wichtig für die Reputation der Fachhochschule und des Instituts. Derzeit ist geplant, das Projekt mindestens bis zur Gemeinderatswahl in Graz 2020 weiterzuführen.