Herzlich Willkommen zum achten Teil der Beitragsreihe zu joanneum racing graz. Im heutigen Beitrag beschäftigen wir uns mit der Baugruppe E-Powertrain, eine von zwei Baugruppen, die für den Bau eines elektrischen Boliden innerhalb des Teams zuständig ist.
Boxenstopp bei joanneum racing graz #08: Der elektrische Antrieb
Michael Rothschädl, 15. Mai 2020Die E-Mobilität, sie prägt nicht nur das Landschaftsbild auf Österreichs Straßen. Nein, auch in der Werkstätte von joanneum racing graz wird seit knapp zwei Jahren an einem elektrisch-angetriebenen Versuchsboliden getüftelt. Die durch den Prototyp gesammelte Erfahrung in der Elektrospate wird für den ersten vollelektrischen Wettbewerbsboliden, der 2022 auch bei den Bewerben von Formula Student an den Start gehen soll, eingesetzt.
Von Anfang an dabei bei diesem Projekt war Michael Sommerer, der heute die Baugruppe E-Powertrain leitet. Sein Team beschäftigt sich nicht nur mit dem E-Motor des Boliden, auch das Getriebe, das gesamte Kühlsystem und der Radträger werden von seiner Baugruppe entworfen und gefertigt. „Wir sind das Bindeglied zwischen dem Antriebssystem und dem Fahrwerk, weshalb besonders hier innovative Ideen und verlässliche Lösungen gefragt sind“, erklärt Michael. Natürlich gebe es neben entwurfsorientierter noch einiges an mechanischer Arbeit – wie das Fertigen verschiedener Teile und Simulationsarbeit – zu tun.
Trotz der erst kurzen Geschichte, die die Idee eines elektrischen Boliden bei joanneum racing graz hat, gab es im Vorjahr den ersten ganz großen Meilenstein für das Team rund um den jre – den joanneum racing electric – zu verzeichnen. Im Mai 2019 glückte dem Team die Jungfernfahrt mit dem E-Prototyp, wenige Monate später raste der jre bei den E-Mobility-Play-Days in Spielberg mit über 140 km/h über die Zielgerade. Damit joanneum racing graz aber auch bei den Bewerben mit den deutlich erfahreneren anderen Teams in der E-Kategorie mithalten kann, gibt es aktuell viel zu tun in der Baugruppe von Michael Sommerer: „Wir versuchen, den Antriebsstrang weiterzuentwickeln, um konkurrenzfähiger zu werden. Dafür müssen wir viel recherchieren, viel berechnen. Aber die Baugruppe wächst stetig“, konstatiert Michael.
Aktuell sei man dafür noch etwas zu starr auf die Funktionsweise eines Verbrenners fokussiert, attestiert der Baugruppenleiter. „Wir müssen vom Gedanken einer Antriebseinheit – die wir beim Verbrenner haben – weggehen, hin zum Gedanken, ein integriertes Antriebssystem zu realisieren“, erklärt der Student von „Fahrzeugtechnik / Automotive Engineering“. Natürlich ist das Know-How, welches das Team in der über 16-jährigen Geschichte gesammelt hat, dabei keineswegs nutzlos. „Man kann einige Dinge – wie beispielsweise die Aerodynamik – auch für den elektrischen Boliden nutzen, muss dabei aber schauen, dass man auch ins Ziel kommt“, spricht Michael eines der Hauptprobleme mit elektrischen Boliden an: Die Frage nach dem Verbrauch. Beim jre steht nämlich nur eine gewisse Kapazität zur Verfügung, mit der es bei den Bewerben – konkret beim Efficiency-Contest – hauszuhalten gilt. Dies sei zwar mit viel Arbeit verbunden, im Racing Team werde diese aber auf eine ganz spezielle Weise entlohnt, wie Michael betont: „Die Momente, wenn etwas, das man selbst entwickelt hat, anstandslos funktioniert, wenn das Auto fährt, das sind die schönsten. Das sind Momente, die ich nicht missen will.“
In einer kleinen Gruppe wurde innerhalb von joanneum racing graz bislang an einem E-Prototypen gearbeitet.
Ebenfalls mit einem Blick auf den Verbrauch entschied sich das Team vor einiger Zeit für ein ganz spezielles Motorenkonzept. „Wir fertigen den kompletten Rotor und das Motorengehäuse selbst“, erklärt der Baugruppenleiter. Laut ihm habe das zwei ganz zentrale Vorteile, die diesen Mehraufwand allenfalls rechtfertigen. Zum einen erlaubt es dem Team, den Motor noch genauer an den Boliden anzupassen, zum anderen besticht das gewählte Motorenkonzept vor allem durch eines: Äußerst hohe Effizienz.
Um diese Pläne zu realisieren, bleiben den Teammitgliedern, die am elektrischen Boliden arbeiten, nun rund zwei Jahre Zeit – im Sommer 2022 soll der jr22 – wie der erste wettbewerbsfähige elektrische Bolide von joanneum racing graz heißen soll – bei den Bewerben angreifen. Eine Entscheidung, die das Team erst vor wenigen Wochen aufgrund der Absage der Formula-Student-Saison 2020 getroffen hat. Eine Entscheidung, die Michael Sommerer und sein Team aber mit Freude erfüllt: „Die Perspektive ist nun eine andere. Als ich Teamleader wurde, war nicht klar, ob wir überhaupt einen E-Boliden bauen, wie die Zukunft aussehen wird“, erklärt der Baugruppenleiter. Nun aber ist klar, E-Mobilität hat auch bei joanneum racing graz Zukunft. Und zwar eine hochspannende.
Michael Sommerer im joanneum-racing-Wordrap:
Warum hast du die Position des Teamleaders E-Powertrain übernommen?
Ich bin seit meinem Beginn im Racing Team darauf eingeschult worden, Baugruppenleiter zu werden. Ich war gut darauf vorbereitet.
Was bedeutet das Racing Team für dich?
Zu lernen, Durchhaltevermögen zu zeigen und Selbstdisziplin zu haben.
Warum sollte man zum Racing Team kommen?
Ganz besonders wenn man Fahrzeugtechnik-Student ist, weil man Dinge lernt, die man im Studium nicht lernt. Weil es ein ganz besonderer Moment ist, wenn man das, worauf man ein ganzes Jahr hingearbeitet hat, dann endlich fahren sieht.
Warum ist das Racing Team der FH JOANNEUM das beste?
Eine sehr große Gruppe des Teams kommt konzentriert aus einem Studiengang. Man hat sehr viele vor dem Team schon zumindest ein wenig kennengelernt, das sorgt für eine ganz besondere Gruppendynamik.
Was trägt der Studiengang Fahrzeugtechnik zum Erfolg des Racing Team bei?
Es ist extrem toll, dass wir das Prüffeld zur Verfügung gestellt bekommen. Der Platz und die Freiheiten, die wir mit unserer Werkstätte an der FH JOANNEUM haben, sind überhaupt nicht selbstverständlich. Außerdem sind die Lehrenden sehr offen für Fragen, das könnte ich mir an einer anderen Schule/Universität kaum vorstellen.
Weiter geht´s mit der Beitragsreihe am Freitag, dem 29. Mai.