Michael Fuchs arbeitet als BIM Manager im Ingenieurbüro Lang GmbH in Graz und verstärkt das Team der FH JOANNEUM ab dem Sommersemester 2022 als Lehrender am Masterstudiengang „Architektur“. Im Zuge seiner neuen Aufgabe haben wir ihn zum Interview gebeten.
Architektur und Building Information Modeling #02
Architekt DI Wolfgang Schmied, 09. Februar 2022Michael Fuchs hat nach dem HTL-Abschluss in Elektronik an der Technischen Universität Graz Architektur und Bauingenieurwissenschaften studiert. Der Fokus heute wie damals ist: Parametrisches Design, Digitale Fabrikation, Prozessoptimierung und Wissensmanagement.
Im Ingenieurbüro Lang in Graz ist er zuständig für die Implementierung von BIM in Großprojekten und der damit verbundenen Adaption der Arbeitsmethodik. Außerdem bei der Mitwirkung bei Forschungsprojekten und Vorträge bei nationalen sowie internationalen Konferenzen zur Förderung einer gemeinsamen, partnerschaftlichen Arbeitsweise innerhalb des BIM-Umfelds in der Baubranche.
Das neue Curriculum des Masterstudiengangs „Architektur“ der FH JOANNEUM setzt sich mit generalistischen und nachhaltigen Architekturthemen auseinander, die unter anderem im Schwerpunkt „Building Information Modeling“ vertieft werden können.
Michael Fuchs übernimmt gemeinsam mit Samuel Blumer die Lehrveranstaltung „Integrales Projekt (Datenaustausch & Schnittstellen)“ im zweiten Semester des Masterstudiengangs „Architektur“.
Building Information Modeling (BIM) bedeutet die Simulation der Planungswirklichkeit im digitalen dreidimensionalen Bauwerksmodel. Diese Arbeitsmethodik ist in der Wirtschaft stark nachgefragt und ist sowohl in den Pflicht-, als auch in den Wahlpflichtfächern des neuen Curriculums zu finden.
Wie wichtig sehen Sie in den nächsten Jahren die BIM Thematik am Arbeitsplatz?
Die Baubranche ist eine der am schlechtesten digitalisierten Branchen und ringt mit der Landwirtschaft um den letzten Platz. Dadurch entstehen enorme Wertschöpfungsverluste für unsere Volkswirtschaft, aber auch für die beteiligten Parteien.
Aus diesem Grund ist BIM bereits JETZT essenziell in der Planung von komplexen Bauvorhaben. Zwar sind viele Planungsbüros von mittleren und kleinen Projekten noch zurückhaltend, innovative Büros haben den Mehrwert allerdings erkannt und den Schritt gewagt, ihre Methoden umzustellen.
In den kommenden Jahren wird bei immer mehr Projekten eine Umsetzung im BIM gefordert werden, was zu einer Umwälzung am Markt führen wird. Mit dem Anstieg an BIM Planungen wird die Qualifikation, mit dieser Thematik umgehen zu können, noch gefragter.
Umso positiver nehme ich das Angebot der FH JOANNEUM in diesem Bereich wahr, denn der Bedarf an qualifizierten Personen ist bereits jetzt sehr groß.
Wird BIM die zweidimensionale Arbeitswelt verdrängen?
BIM und 2D Planungen schließen sich nicht aus, sondern können sich ergänzen. Bei komplexeren Details kann eine 2D Darstellung eine gute Alternative sein.
Als alleinige Planungsmethode hingegen ist konventionelle 2D Planung bei größeren Projekten bereits jetzt einer starken Verdrängung unterworfen. Dabei wird 2D Planung nur noch in bestimmten Nischen einen Platz finden. Immer mehr Auftraggeber setzten bereits jetzt BIM Planung voraus. Auch der Rechnungshof wies bereits mehrfach auf den Mehrwert hin und gab eine Empfehlung für diese Arbeitsweise ab. Ein häufiges Argument ist die Kostensicherheit in Kombination mit deutlich weniger Problemen auf den Baustellen.
Langfristig wird sich kaum ein Büro leisten können, sich dieser Arbeitsweise zu verschließen.
Was sind die Schwierigkeiten beim Planen und Arbeiten mit der BIM Technologie?
Natürlich gibt es bei der Umsetzung von BIM, wie bei jeder Umstellung, anfangs eine endlos wirkende Anzahl an Schwierigkeiten, viele davon sind jedoch ebenso Chancen sich deutlich vom Mitbewerb abzuheben.
So zeigt BIM durch die enge Zusammenarbeit die Schwächen in bestehenden Prozessen und vor allem in der oftmals dürftigen Kommunikation auf. Das ist aber keine Schwierigkeit von BIM sondern nur ein Ausdruck von fehlendem Bewusstsein für diese Themen.
Man kann dies als Problem von BIM sehen, oder als Chance, beispielsweise durch bauteilbezogene Kommunikation und ein größeres Verständnis für andere Fachplaner den Planungsprozess deutlich zu vereinfachen.
Ich denke wir sollten weniger über die Probleme bei der Umsetzung von BIM sprechen, sondern vielmehr ein Problembewusstsein für Prozesse entwickeln und daraus gute Lösungen ableiten. BIM wird nur ein Schritt von vielen in Richtung Digitalisierung und Vernetzung von Informationen sein.
Ich bin gespannt was die Zukunft bringen wird, aber auch wir müssen dabei etwas mitbringen: Neugier und den Willen zu Veränderung.
Was ist Ihr konkreter Arbeitsbereich in der BIM Planung?
Ich versuche eine möglichst gute Zusammenarbeit zwischen Planerteams sicherzustellen. Dabei ist es interessant, Details abseits der Architektur kennen zu lernen, denn gute Architekten und Architektinnen müssen über die Komplexität hinter scheinbar einfachen Entscheidungen Bescheid wissen, um aus der vermeintlichen Einschränkung einen gestalterischen Vorteil generieren zu können.
Neben anfänglicher Projektarbeit entwickle ich außerdem komplexe Familien (Planungskomponenten) und unterstütze Kollegen bei der Umsetzung von BIM-Planung und den alltäglichen Problemen.
Ein wesentlicher Bestandteil ist für mich die Optimierung von Prozessen. Wer würde schon annehmen, dass sich mit BIM gewisse Aufgaben mehrere 100.000 mal schneller abwickeln lassen als mit eine konventioneller Arbeitsweise?
Der Masterstudiengang „Architektur“ an der FH JOANNEUM bietet seit dem Wintersemester 2021/22 BIM als Teil der Ausbildung an – wie wichtig würden sie dieses Ausbildungstool einschätzen?
Ein Basiswissen in diesem Bereich ist das Fundament der Zukunft!
Auch vor 20-30 Jahren wurde 2D-CAD Planung mit Argusaugen betrachtet, als verzichtbare und unnütze Investition abgetan. Wer würde das heute noch tun? CAD ist ein fester Bestandteil der Planungskultur. Um abschätzen zu können, ob BIM eine Zukunft hat, müssen wir aber nicht 20 Jahre warten, es reicht ein Blick in jene Länder, die uns um etwa zehn Jahre voraus sind. Dort gibt es keine Diskussionen, ob man BIM einsetzt, sondern nur noch wie.
Dieses WIE zu verstehen und anwenden zu können ist auch in Österreich in immer mehr Betrieben gefragt.
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