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Aufgaben mit Leidenschaft erledigen

, 21. April 2022
Aufgaben mit Leidenschaft erledigen

Bild: Mario Brunner, © GEOPHO für AVL

Seit Oktober 2021 leitet Mario Brunner die Konzernsparte “Engineering and Technology Powertrain Systems” bei AVL. Für die FH JOANNEUM nahm sich der Absolvent von „Fahrzeugtechnik / Automotive Engineering“ Zeit, über aktuelle technologische Entwicklungen am Automobilsektor zu reden. Und er verrät im Gespräch seinen persönlichen Karrieretipp.

FH JOANNEUM: Herzlichen Glückwunsch zum Aufstieg in die höchste Führungsebene von AVL! Sie sind als „Executive Vice President“ der oberste Manager für den Konzernbereich „Engineering and Technology Powertrain Systems“ und führen AVL in dieser Funktion technologisch in die Zukunft. Welche Entwicklungen im Automotive Engineering könnten die Öffentlichkeit in den nächsten Jahren am meisten überraschen?

Mario Brunner: „Überraschen“ ist ein zu starkes Wort. Aber was sich definitiv stark verändern wird, ist das Thema Schnelladen von Auto-Batterien. Wir haben, was die Batterietechnologie, die Leistungselektronik für den Antriebsstrang und den E-Motor betrifft, Demonstrator-Systeme, die in künftige Serienfahrzeuge einfließen werden. Da zeigt sich, dass man batterieelektrische Fahrzeuge mit einer 800-Volt-Infrastruktur im Fahrzeug sehr schnell laden kann. Die Ladezeiten reduzieren sich damit je nach Batteriegröße auf 10 bis 15 Minuten. Diese Technologie wird sich speziell in Fahrzeugen mit größerer Reichweite schnell etablieren. Die erzielbaren Ladeleistungen werden eine große Herausforderung für die Infrastruktur, in diesem Bereich passiert aktuell etwas zu wenig.
Wenn man von einer Überraschung sprechen kann, dann vielleicht beim Einsatz von Wasserstoff in Verbrennungsmotoren im Nutzfahrzeugbereich. Hier gibt es viel Dynamik bei unterschiedlichen Entwicklungen. Durch die vielen Wasserstoff-Initiativen weltweit wird das Thema Brennstoffzelle in eine ähnliche Situation kommen, wie die Batterie vor einigen Jahren, wo es um Scale of Economy ging. Bei der Batterie hat man gesehen, wie schnell die Wirtschaftlichkeit gewachsen ist. So etwas Ähnliches werden wir auch bei der Brennstoffzelle sehen. Sie wird zusätzlich ganz speziell im Energiesektor eine deutlich stärkere Rolle spielen. Das ist für AVL ein sehr wichtiger Wachstumsmarkt.

FH JOANNEUM: Sie sind seit 18 Jahren bei AVL, waren u. a. Leiter der Mechanik-Simulation, führten Teams für System, Software, Simulation und Testing in der Getriebeentwicklung und haben zuletzt als globaler Leiter der Getriebeentwicklung das Thema Elektrifizierung vorangetrieben. Welche Karrierestation war für Sie die wichtigste?

Mario Brunner: Jede Station hat so ihre eigenen Lernphasen gehabt und war auch wichtig für meine Entwicklung. Ein großer Schritt war aber die Leitung der Getriebeentwicklung, denn sie machte einen überdurchschnittlichen persönlichen Einsatz notwendig. Ich bin dafür ein halbes Jahr in China gewesen, während meine Familie hier in Österreich geblieben ist. Das war eine herausfordernde Zeit. Auch die anderen Karrierestationen haben viel Einsatz verlangt, aber dieser Abschnitt brauchte noch einmal ein paar Prozent mehr – das war schon sehr besonders.

FH JOANNEUM: Erinnern Sie sich noch an den Tag, als Sie die AVL zum ersten Mal betreten haben? Wie sind Sie eigentlich auf das Unternehmen gekommen?

Mario Brunner: Ich habe ein FH-Praktikum bei der AVL gemacht – nicht im Headquarter, sondern in einem Bürogebäude neben der List-Halle (Waagner-Biro-Straße, Anm.). Das war eher so: „Mal schauen“. AVL und Magna Steyr waren im Studium in Graz eigentlich immer präsent. Zu AVL bin ich durch einen Tag der offenen Tür gekommen. Ich hatte ursprünglich andere Pläne und hatte schon den Vertrag für einen Praktikumsplatz im Ausland in der Tasche. Aber bei dieser Firma ist etwas schiefgelaufen. Ich habe davon erst am Tag der offenen Tür erfahren, wo ich dann meinen zukünftigen Chef getroffen habe: Franz Zieher, den Leiter der Simulation von AVL. Er hat einen Vortrag zum Thema Simulation gehalten – das war genau das Thema, wo ich mich schon immer zuhause gefühlt habe, nämlich Dynamik-, Festigkeits- und Thermalsimulation.

FH JOANNEUM: Wie gut hat Sie das Studium “Fahrzeugtechnik / Automotive Engineering“ auf Ihre Karriere vorbereitet, technisch gesehen, aber auch was Team-Building und andere Führungsaufgaben betrifft?

Mario Brunner: Das Fahrzeugtechnik-Studium hat mich neben klassisch-technischen Themen, die man eben im Studium lernt, vor allem darauf vorbereitet, technische Inhalte vereinfacht darzustellen und zu präsentieren. Das wurde im Studium sehr gut gepusht – und das ist ein sehr wesentlicher Aspekt im Berufsleben. Je komplexere Themen man darstellen muss, umso wichtiger ist es, dass man sich darauf einlässt, wie man das am besten vermittelt. Das war ein wichtiger Aspekt, den ich, abgesehen von den klassisch-technischen Themen, aus dem Studium mitgenommen habe. Führungsfertigkeiten lernt man eher nicht im Studium, sondern erst, wenn man selbst Teams leitet.

FH JOANNEUM: Wenn man Studienanfänger:innen nach ihrer Motivation fragt, lautet die Antwort oft: Ich möchte die Zukunft des Automobils mitgestalten. Welche Eigenschaften müssen junge Ingenieur:innen aus Ihrer Sicht mitbringen, um die Zukunft mitgestalten zu können?

Mario Brunner: Ich glaube ganz generell, dass man mit Begeisterung an seinem Themengebiet arbeiten muss. Man kommt keinen Schritt weiter, wenn man sich enge Rahmenbedingungen setzt und nur darin bewegt. Auch geht es nicht darum, sich auf einen fixen Karriereplan festzulegen, sondern man muss für sein Thema brennen und seine Aufgaben mit Leidenschaft erledigen. Dann macht man normalerweise einen guten Job, und damit ergeben sich auch immer wieder Chancen. Ob man diese Chancen ergreift, und welche Schritte man setzen möchte, muss jeder für sich selbst bewerten. Es ist jedenfalls nicht zielführend, schon im Studium zu sagen: „Ich möchte Manager werden“. Zielführender ist es, in seinem Thema richtig gut zu werden – und wenn es gut läuft, werden sich die Chancen ergeben, mehr Verantwortung zu übernehmen.

Zur Person

Dipl.-Ing. (FH) Mario Brunner ist in Tirol geboren und in der Weststeiermark aufgewachsen. Er hat die HTL für Flugzeugtechnik in Eisenstadt absolviert und sich danach für das Studium „Fahrzeugtechnik/Automotive Engineering“ an der FH JOANNEUM entschieden, weil die Entwicklungsdynamik am Automotive-Sektor höher ist als in der Luftfahrt. Für seine FH-Diplomarbeit über „Automatisierung von strukturmechanischen FEM-Berechnungen“ wurde er 2004 mit einem Preis der österreichischen Kfz-Industrie ausgezeichnet. Privat fährt Brunner einen Plug-in-Hybrid mit Allradantrieb: Unter der Woche wird das Auto rein elektrisch betrieben, am Wochenende nutzt er gerne die volle Reichweite für Ausflüge in die Natur.

Mehr über Mario Brunners Ziele mit AVL finden sich in der Presseaussendung zu seiner Bestellung als Executive Vice President“ für den Kernbereich „Engineering and Technology Powertrain Systems“.

Über AVL

Mit mehr als 11.000 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen ist AVL das weltweit größte unabhängige Unternehmen für die Entwicklung, Simulation und das Testen von Antriebssystemen in der Automobilbranche und in anderen Industrien. AVL entwickelt kosteneffiziente und innovative Systeme zur effektiven CO2-Reduktion und erreicht dies durch den Einsatz einer Multi-Energieträger-Strategie in allen Bereichen – von hybriden bis zu batterieelektrischen und Brennstoffzellentechnologien. Das Unternehmen unterstützt Kunden während des gesamten Entwicklungsprozesses von der Ideenphase bis zur Serienproduktion. In den Bereichen ADAS, autonomes Fahren und Digitalisierung verfügt AVL über umfassende Kompetenzen, um die Vision einer intelligenten und vernetzten Mobilität in die Realität umzusetzen. Im Jahr 2020 erwirtschaftete das Unternehmen einen Umsatz von 1,7 Milliarden Euro, wovon 12 % in F&E-Aktivitäten fließen.

Die Fragen an Mario Brunner stellte Werner Schandor.

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