Sabine Proßnegg, Lehrende am Institut für Internet-Technologien & -Anwendungen an der FH JOANNEUM in Kapfenberg, war gerade auf Staff Exchange an der Napier University in Schottland, als sie von der Coronakrise und den Beschränkungen in Österreich erfuhr. Nach ihrer Rückkehr hat sie sofort auf Homeoffice und Online-Lehre umgestellt. Mit welchen Herausforderungen und Schwierigkeiten sie dabei konfrontiert wurde und welches Fazit sie nach rund sechs Wochen Online-Lehre zieht, erklärt sie im Interview.
Meine Studierenden besuchen gerne die Online-Vorlesungen
FH JOANNEUM, 29. April 2020Wie haben Sie Ihre Präsenz-Vorlesungen auf Online-Vorlesungen umgestellt?
Sabine Proßnegg: Wir haben den großen Vorteil, dass unsere berufsbegleitenden Studiengänge „Software Design“ (Bachelor) und „IT-Recht & Management“ (Master) ohnehin einen recht hohen Onlineanteil haben, nämlich rund 60 Prozent. Das heißt, die Umstellung der Präsenzanteile auf online hat weitgehend reibungslos funktioniert. Ich versuche meist, in den Präsenzeinheiten Diskussionen und Fragen unterzubringen. Das muss jetzt in den Onlineeinheiten passieren, was allerdings nicht ganz so einfach ist wie im Hörsaal.
Mit welchen Schwierigkeiten und Herausforderungen wurden Sie konfrontiert?
Technisch bin ich zu Hause recht gut ausgerüstet. Ich habe mir aber den Firmenlaptop geholt, da meine Kinder meinen privaten Laptop für die Schule benötigen. In den ersten ein bis zwei Wochen war daher die Abstimmung Homeoffice und Homeschooling eine Herausforderung. Mittlerweile klappt das aber ganz gut.
Wie funktioniert die Online-Lehre bisher (Fazit nach sechs Wochen)?
Wir Lehrende als auch unsere Studierenden kennen Online-Lehre bereits, daher funktioniert es sehr gut. Mir fehlt aber trotzdem der persönliche Kontakt, weil ich ja keine unmittelbaren Reaktionen sehen kann und weil, wie gesagt, weniger diskutiert und gefragt wird.
Auch die Belastung der Studierenden ist sehr unterschiedlich. Einerseits gibt es jene mit Kurzarbeit, andererseits jene, die mehr arbeiten als vorher. Zusätzlich stehen Studierende mit einer eigenen Familie vor anderen Herausforderungen als Alleinstehende. Insgesamt stelle ich aber fest, dass alle gern in den Unterricht kommen und auch sehr aktiv mitarbeiten beziehungsweise die Haus-, Projekt- und Abschlussarbeiten sehr gewissenhaft erledigt werden.
Welche Vorteile, aber auch Nachteile konnten Sie bisher feststellen?
Der Vorteil ist eher persönlicher Natur: Wegzeiten fallen weg und der Morgen ist einfach stressfreier. Wir schlafen länger und fangen entspannt zwischen 8:00 und 8:30 Uhr an. Das ist wirklich angenehm. Nachteile sind die fehlenden sozialen Kontakte, nicht nur mit den Studierenden, sondern auch mit den Kolleginnen und Kollegen. Zum Glück gibt es auch ein virtuelles „Kaffeekammerl“ für den informellen Austausch.
Inwiefern hat die FH JOANNEUM Sie bei der Umstellung auf Online-Lehre unterstützt und betreut?
Ich finde, die Begleitung und Betreuung der FH JOANNEUM war sehr gut. Einerseits die Jour-Fixes mit unserer direkten Vorgesetzten Sonja Gögele, die uns informiert und uns über Neuigkeiten und Änderungen am Laufenden hält. Aber auch das Service vom ZML – Innovative Lernszenarien habe ich gerne in Anspruch genommen, da ich mit Onlineprüfungen noch keine Erfahrung hatte. Auch die Abteilung Zentrale IT-Services, kurz ZIT, habe ich bereits mehrmals beansprucht und immer sehr schnell und unbürokratisch Unterstützung bekommen. Und mein persönlicher Lieblingsort an der FH JOANNEUM die Bibliothek, die ich sehr vermisse, bietet einen Kopierservice an, den ich natürlich auch schon beansprucht habe.
Auch erste Online-Aufnahmegespräche finden bereits digital statt. Wie führen Sie diese durch und wie gut klappt die Umsetzung?
Hier war ich anfangs auch skeptisch, aber es hat wirklich sehr gut funktioniert. Dadurch, dass man hier ja nur zu dritt ist und sowohl Kameras als auch Mikrofone eingeschalten lassen kann, hat man wirklich eine gute Gesprächsatmosphäre. Auch die digitale Signatur hat gut funktioniert, also in Summe war das einfach und unproblematisch.
Welche Chancen, Erfahrungen und neue Möglichkeiten sind für Sie als Lehrende durch diese Krise und die Online-Lehre für die Zukunft entstanden?
Ich habe ein kurzes Video für unseren Auftritt auf unseren Social-Media-Plattformen gedreht und möchte auch ein Lehrvideo erstellen. Auch Online-Prüfungen gegenüber stehe ich jetzt aufgeschlossener gegenüber. Ich denke, die Chancen der Digitalisierung sind aufgrund der bisherigen Online-Erfahrung klarer geworden, wobei mir persönlich wichtig ist, dass auch in Zukunft auf unsere Privatsphäre und den Datenschutz Wert gelegt wird.