Direkt zum Inhalt wechseln

Thomas Feichtner, der neue Studiengangsleiter von „Industrial Design“, im Gespräch

Eva-Maria Kienzl, 03. Oktober 2018
Automatisch gespeicherter Entwurf 37

Thomas Feichtner leitet seit 1. Oktober 2018 das Institut Product & Transportation Design mit dem Bachelorstudiengang „Industrial Design“ und dem gleichnamigen Masterstudium. Was er bisher gemacht hat, was er mit dem Institut plant und was er sich von seinen Studierenden erwartet, berichtet er im Interview.

Wie sieht Ihr persönlicher Werdegang aus?
Ich bin in Brasilien geboren und in Österreich aufgewachsen. Nach dem „Industrial Design“-Studium an der Universität für künstlerische und industrielle Gestaltung in Linz entwarf ich Produkte für internationale Marken wie Swarovski, Laufen, Adidas, TON oder Carl Mertens und verwirklichte Projekte mit Unternehmen wie Vitra, Thonet und FSB. Die entstandenen Arbeiten sind unterschiedlich: Sie positionieren sich zwischen Industrie und Manufaktur, zwischen Serienprodukt und Einzelstück. Es folgten internationale Ausstellungen in Mailand, Saint Etienne, London sowie Wien. Von 2009 bis 2014 war ich Professor für Produktdesign an der Muthesius Kunsthochschule in Kiel.

Hinweis

Thomas Feichtners Arbeiten wurden mit internationalen Designpreisen ausgezeichnet und sind Teil verschiedener Designsammlungen. 2011 wurde er mit dem Österreichischen Staatspreis für Design ausgezeichnet. Im Jahr zuvor wurde die Monographie „Thomas Feichtner – Edge to Edge“ vom MAK – Österreichisches Museum für angewandte Kunst / Gegenwartskunst herausgegeben.

Was sind Ihre inhaltlichen Schwerpunkte im Rahmen der Lehre?
Das Thema der Nachhaltigkeit ist außer Zweifel ein Kernthema des Industriedesigns: nicht nur wie wir nachhaltig mit Ressourcen umgehen, sondern auch, dass wir uns im Studium nachhaltigen Themen widmen und neue Aufgaben finden. Um nicht an der Oberfläche der Nachhaltigkeitsfrage hängen zu bleiben, braucht es seriöse Forschung, Recherchetätigkeit und Kooperationen mit Wissenschaft und Technik. Gerade die FH JOANNEUM in Graz bietet dafür ein besonderes Umfeld.

Was sind Ihre inhaltlichen Schwerpunkte im Rahmen der Forschung?
Ein großes Anliegen ist mir natürlich der Schwerpunkt Transportation Design – eine Kompetenz, die aus der Geschichte der Hochschule heraus, über die vergangenen zwei Jahrzehnte aufgebaut wurde und die ich fortführen möchte. Ich möchte diesen Schwerpunkt weiterentwickeln und in Kooperation mit der Automobilindustrie ausbauen. Gerade Transportation Design befindet sich in einem starken Umbruch. Die Mobilitätskonzepte der Zukunft haben gesellschafts- und umweltspezifische Relevanz, die weit über das Auto als Gegenstand hinausgeht.

Was möchten Sie im nächsten Jahr umsetzen? Welche Meilensteine möchten Sie erreichen?
Über die nächsten Jahre hinweg möchte ich „Industrial Design“ an der FH JOANNEUM als DIE souveräne Industriedesign-Ausbildung in Österreich positionieren. Interdisziplinär und komplex wie Industriedesign ist. Ohne Einschränkung, aber mit den Forschungsschwerpunkten. Mutig, visionär und technisch forschend, unter den besonderen Möglichkeiten einer Fachhochschule. Auch unter Einbezug des besonderen Design Spirits der Stadt Graz, des Netzwerkes der Unesco Citys of Design, dem Design Monat Graz, dem Designforum und der CIS. Ich möchte den Studiengang über regelmäßige Publikationen, Ausstellungen, Konferenzen etc. international vernetzten. Sichtbarkeit steht hier im Vordergrund. Es ist ein Kreislauf: Gute Arbeiten ziehen gute Talente an.

Worauf legen Sie bei Studierenden Wert?
Die wichtigste Fähigkeit ist, Prozesse und Gegenstände zu hinterfragen. Fragen zu stellen wie: „Warum ist das so?” oder „Warum kann man das nicht anders machen?” Design ist die Suche nach Alternativen. In einer globalisierten Welt, ermöglicht Design ein Stück weit Autonomie und Identität. Design ist imstande eine individuelle und kulturelle Identität zu schaffen, zu verbinden, zu berühren und Verhaltensweisen zu hinterfragen.

Ebenso wichtig wie die Fähigkeit, in komplexen Strukturen denken zu können, ist die Vermittlung von handwerklichen Skills und gestalterischen Fähigkeiten. Die formale Sicherheit ist in meinem Lehrkonzept essenziell, um Ideen souverän auf den Boden zu bringen. Dazu zähle ich Entwurfs- und Darstellungstechniken wie das Handskizzieren, die Erstellung von Form- und Proportionsmodellen, 3D-Konstruktionen und Animationen bis hin zu neuesten Anwendungen in VR/AR und im Rapid-Prototyping.

Es ist mein Ziel, dass alle Studierenden ihre eigenständige gestalterische Position und Identität finden. Kreatives Denken ist Rüstzeug für eine offene Zukunft, denn das Designstudium eröffnet zahlreiche Professionen. Auch das Portfolio der Studierenden ist eines meiner wichtigsten Anliegen. Gerade nach dem Studium, entscheidet das Portfolio über den Werdegang. Aus diesem Grund halte ich die kontinuierliche Dokumentation der Arbeiten für besonders wichtig, um einen nahtlosen Übergang ins Arbeitsleben zu ermöglichen.

Was hat Sie dazu bewogen, sich als Studiengangsleiter zu bewerben?
Industriedesign befindet sich in einem permanenten Wandel. Die Verlagerung von Produktion in Billiglohnländer, die Digitalisierung von Produktionsprozessen (Stichwort: Industrie 4.0), das hohe Tempo der digitalen Zukunft und die Globalisierung von Information und Ästhetik sind nur einige wenige der relevanten Themen. Nicht zu übersehen sind aber auch positive Veränderungen der Open-Source-Generation: ihr neues Werteverständnis, in dem es mehr um das Teilen als um das Besitzen geht, oder die Emanzipation von der Massenproduktion weg, hin zum individualisierten Gegenstand. Beides ist Teil eines Wandels zu einer komplexen Informationsgesellschaft. Gerade diese Komplexität sozialer und ökonomischer Veränderungen zwingt Designerinnen und Designer, die Designausbildung neu zu denken und nicht nur als alleinige Problemlöser zu agieren. Künftige Generationen an Designerinnen und Designer werden nicht nur an ihrer kulturellen, sozialen und ökologischen Relevanz gemessen, sondern auch wie weit sie in komplexen Zusammenhängen denken, kritisch reflektieren und interagieren können.

Design ist die Liebe zu den Dingen. Die Freude an einer Idee, die wie ein Funke überspringt. Design kann überraschend, raffiniert und geistreich sein oder dazu anstiften. Ich bin in jeder Zelle meines Körpers Designer und habe Freude Andere mit Design anzustecken. Ich kann gar nicht anders.

Tipp

Wir haben noch zwei neue Leiter: Robert Darkow bei „Logopädie“ und Elmar Kainz bei „Mobile Software Development“.

This site is registered on wpml.org as a development site. Switch to a production site key to remove this banner.