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Was hab ich heute zu Mittag eigentlich gegessen?

Marie Peterseil, 15. Juni 2016
Achtsamer Umgang mit Essen ist wichtig.

Multitasking, Dauer-Erreichbarkeit und projektbezogenes Arbeiten führen häufig zu „Stoßzeiten“, wechselnder und wachsender Arbeitsbelastung und vor allem dazu, dass wir vieles gleichzeitig machen. Die Konsequenz davon ist allerdings, dass selbst die Nahrungsaufnahme unter diesen Umständen häufig als zusätzlicher Stressfaktor statt als Genuss wahrgenommen wird. Sieben Ansätze zu achtsamem Umgang mit Essen.

1. Wenn Sie essen, essen Sie.
Machen Sie nichts anderes, wenn Sie essen. Weg mit Smartphone, Bildschirm oder Zeitung. Klinken Sie sich aus dem Mittagspausengespräch mit den Kolleginnen und Kollegen aus. Riechen Sie den Paprika, wenn Sie hineinbeißen, schmecken Sie die Tomaten in der Nudelsoße, spüren Sie die Knusprigkeit der Brotkruste…

2. Schätzen Sie Ihr Essen
Wir alle wünschen uns Wertschätzung für das, was wir tun. Die Lebensmittel auf Ihrem Teller sind zu Ihnen gelangt, weil jemand sie angebaut, gepflegt, geerntet, verarbeitet, verpackt, transportiert, ins Regal geschlichtet, verkauft, zubereitet hat. Das Mindeste, das Sie zum Dank tun können: Schätzen Sie die Lebensmittel und seien Sie mit Ihrer Aufmerksamkeit beim Essen.

3. Entscheide Sie sich auch hin und wieder, unachtsam zu sein
Manchmal ist es Zeit zu Schlingen oder einfach nicht genug Zeit, sich dem Essen zu widmen. Machen Sie sich keinen Druck, es geht nicht um Perfektion. Bleiben Sie einfach dran und vielleicht klappt es beim nächsten Mal wieder mit der Achtsamkeit.

4. Unterscheiden Sie „keinen Hunger mehr haben“ und „einen vollen Magen haben“.
Machen Sie während des Essens einen kurzen Check, wie voll Ihr Magen wirklich ist. Sind Sie noch satt oder schon (zu) voll? Welcher Zustand ist ideal für Ihr Wohlbefinden?

5. Legen Sie zwischendurch das Besteck weg
Um die Aufmerksamkeit auf das Essen zu lenken, kann ein einfacher Trick helfen. Legen Sie wenn Sie kauen, einfach Ihr Besteck zur Seite. Das kostet keine Zeit, hilft aber, ausgiebig zu kauen, Geschmack, Textur und Geruch wahrzunehmen.

6. Frage Sie sich selbst, warum Sie essen.
Als Säuglinge essen wir ganz nach unserem körperlichen Bedarf. Im Laufe des Lebens verlernen wir, diese Bedürfnisse wahrzunehmen und werden zunehmend von Ideen, wie Diätplänen, Emotionen zum Beispiel Sorge oder Trauer, Wahrnehmungen wie beispielsweise Langeweile und Situationen wie soziale Gegebenheiten gesteuert. Wenn es gelingt, den Essimpuls wahrzunehmen und kurz Innezuhalten, entsteht eine „Lücke“ zwischen Impuls und Handlung. Innerhalb dieser Lücke kann eine Entscheidung – Essen? Nicht essen? Was ist eine Handlungsalternative? – getroffen werden.

7. Finden Sie selbst neue Möglichkeiten, achtsam zu sein.
Welchen Dingen oder Personen oder Handlungen möchten Sie mehr Aufmerksamkeit schenken? Lassen Sie Ihrer Fantasie freien Lauf und weiten Sie die Achtsamkeit auch auf andere Lebensbereiche aus.

Die ursprünglich aus dem Buddhismus stammenden Methoden wurden in den 1980er Jahren vom amerikanischen Arzt Jon Kabat-Zinn in ein achtwöchiges Kursprogramm für chronisch Kranke und Schmerzpatientinnen und -patienten implementiert, was zu einer Reduktion von Stress und somit einer Steigerung der Lebensqualität führte [1]. Inzwischen konnte auch bei gesunden Personen eine stressreduzierende Wirkung dieser Methoden nachgewiesen werden [2]. Basierend auf diesem achtwöchigen Programm entwickelte Jan Chozen Bays, eine amerikanische Ärztin und buddhistische Lehrerin ein Mindful Eating-Programm, das den Fokus der Achtsamkeitsmethoden auf Essen und Ernährung legt [3].
Inzwischen gibt es auch positive Befunde zu Achtsamkeit im Kontext Gewichtsreduktion und Essstörungen [4, 5]. Da traditionelle ernährungstherapeutische Methoden zur Gewichtsreduktion sich langfristig als wenig effektiv erweisen [6], stellen diese Methoden in einer Zeit, in der Übergewicht eines der größten Gesundheitsrisiken darstellt [7], eine vielversprechende Alternative dar.
Im Masterlehrgang „Angewandte Ernährungsmedizin“ der FH JOANNEUM und der Medizinischen Universität Graz wird besonders Wert darauf gelegt, auch solche innovativen therapeutischen Konzepte zu vermitteln.

Tipp

Am 25. Juni 2016 findet an der FH JOANNEUM das Symposium „Macht der Sinne” statt. Welchen Einfluss haben Geruch und Geschmack tatsächlich auf die Lebensmittelauswahl? Wie beeinflussen diese Aspekte unser Körpergewicht? Das Symposium thematisiert gesundheitsrelevante Themen aus dem Bereich der Adipositasprävention und die dazu beachtenswerten Einflüsse der Sensorik. Im Anschluss findet die Informationsveranstaltung Master-Lehrgang “Angewandte Ernährungsmedizin” statt. Online Anmeldung bis zum 10.06.2016 unter http://fhj.to/macht-der-sinne

*Quellen:
[1] Kabat-Zinn, J. (2013). Full Catastrophe Living. Using the Wisdom of Your Body and Mind to Face Stress, Pain and Illness – revised and updated Edition. New York: Bantam Books.
[2] Grossmann, P., Niemann, L., Schmidt, S. & Walach, H. (2004). Mindfulness-based stress reduction and health benefits: A meta-analysis. Journal of Psychosomatic Research 57, 35-43.
[3] Bays, J. C. (2009). Achtsam essen. Freiamt: Arbor Verlag.
[4] O’Reilly, G., Cook, L., Sprouijt-Metz, D. & Black, D. (2014). Mindfulness-based interventions for obesity-related eating behaviours: A literature review. Obesity Reviews 15, 453-461. doi: 10.1111/obr.12156
[5] Godsey, J. (2013). The role of mindfulness based interventions in the treatment of eating disorders: An inte-grative review. Complementary Therapies in Medicine, 21, 430-439. http://dx.doi:.org/10.1016/j.ctim.2013.06.003
[6] Bray, G. A. & Wadden, T. A. (2015). Improving Long-Term Weight Loss Maintenance: Can We Do It? Obesity 23, 2–3. doi:10.1002/oby.20964
[7] WHO (2016). Obesity and Overweight Fact Sheet. Download vom 25.04.2016 von: http://www.who.int/mediacentre/factsheets/fs311/en/

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