Im wöchentlichen Börsenbrief von Josef Obergantschnig, Fachhochschullektor an der FH JOANNEUM und Gründer von ecobono, gibt es das Börsengeschehen pünktlich zum Start in die Woche aus erfrischend neuen Blickwinkeln.
Wöchentlicher Börsenbrief #19
Dr. Josef Obergantschnig, 04. September 2023Gehälter der Tech-Giganten und fahrende Roboter
Die Sommerferien neigen sich dem Ende zu. Und irgendwie habe ich das Gefühl, dass auch die Bullen wieder motiviert mit den Hufen scharren. Mein Espresso haucht mir zu dieser frühen Stunde neue Lebensgeister ein. Vielleicht haben die Wonnewochen für die Investor:innen einen ähnlichen Effekt? Die nächsten Wochen werden uns eine Antwort auf diese Frage geben. Ein bestimmendes Thema an den Märkten bleibt nach wie vor die Inflation. Gerade in Hinblick auf die anstehenden Gehaltsverhandlungen im Herbst kann davon ausgegangen werden, dass die anstehenden Erhöhungen ein wesentlicher Inflationstreiber bleiben werden. Apropos Gehalt. Haben Sie sich eigentlich schon einmal gefragt, wie viel Mitarbeiter:innen oder Geschäftsführer:innen bei einem Tech-Giganten verdienen?
Unter dem Synonym „GAMAM“ werden die Börsenlieblinge Google, Apple, Microsoft, Amazon und Meta zusammengefasst. Das sind alles Unternehmen, die an den Weltbörsen am teuersten bewertet sind. Interessant ist, dass sich die Gehälter der Mitarbeiter:innen in den jeweiligen Unternehmen deutlich voneinander unterscheiden. Beim größten Online-Händler Amazon verdienen die Angestellten im Median $34.000 pro Jahr. Bei Apple sind es mit $84.000 mehr als doppelt so viel. Damit haben wir aber das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht. Mitarbeiter:innen bei Microsoft werden durchschnittlich mit $190.000 entlohnt, jene von Alphabet (Google) mit $280.000 und jene von Meta (Facebook) sogar mit $296.000. Der Vergleich hinkt aber, da sich die Tätigkeitsbereiche eines Software-Entwicklers bei Meta doch deutlich von einem Logistikmitarbeiter bei Amazon unterscheiden.
Wussten Sie, dass Amazon weltweit 1,465 Millionen Mitarbeiter:innen beschäftigt und damit hinter der US-Einzelhandelskette Walmart (2,1 Mio. Mitarbeiter:innen) der zweitgrößte Arbeitgeber aller privaten und staatlichen Unternehmen der Welt ist? Viele davon sind im Niedriglohnsegment festgefahren und ziehen dadurch das Mediangehalt nach unten. In den Top-10 der größten Arbeitgeber findet sich mit Volkswagen auch ein europäischer Vertreter in den Top-10 wieder. Mit 676.000 Mitarbeiter:innen rangiert der deutsche Automobilhersteller auf dem 9. Platz.
Wir befinden uns aktuell in einem außergewöhnlichen Transformationsprozess. Roboter fahren durch Fabrikhallen und sind im 21. Jahrhundert nicht mehr wegzudenken. Was würden sich wohl unsere Vorgängergenerationen bei dem Anblick denken? Die größte Roboterdichte hat Südkorea. Auf 10.000 Angestellte entfallen 1.000 Roboter. Dahinter folgen Japan mit 399 und Deutschland mit 397 Robotern. In den letzten Jahren hat sich die Anzahl der Roboter deutlich erhöht. Es dürfte keine gewagte Prognose sein, hier weiterhin steigende Zahlen zu antizipieren.
Aber kommen wir nun vom Angestelltengehalt zum Geschäftsführergehalt. Auch hier gibt es bei den GAMAMs deutliche Divergenzen. Während das durchschnittliche Geschäftsführer:innen-Gehalt bei Amazon „nur“ $1,3 Millionen beträgt, verdienen Alphabet-Geschäftsführer:innen mit $226 Millionen mit Abstand am meisten. Und zwar mehr als doppelt soviel wie die Apple-Manager:innen mit $99 Millionen oder mehr als das Vierfache der Microsoft-Führungsriege mit $55 Millionen. Im Vergleich dazu verdienen Meta-Geschäftsführer:innen mit $27 Millionen nicht einmal die Hälfte der Microsoft-Manager:innen. Im Vergleich zum Amazon-Management ist das aber immerhin mehr als das 20fache! Stellen wir einmal die Gehälter der Geschäftsführer:innen in Relation zu den Angestellten. Die Kluft ist bei Apple am größten. Hier verdient die Führungsriege das 1.177fache eines Angestellten. Dahinter folgen Alphabet (808:1), Microsoft (289:1), Meta (91:1) und Amazon (38:1). Sollten Sie ihr Gehalt „optimieren“ wollen, empfehle ich bei Meta ihre Karriere als Tech-Spezialist:in zu starten und dann in das Management von Alphabet zu wechseln.