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Wöchentlicher Börsenbrief #25

Dr. Josef Obergantschnig, 12. Oktober 2023
Wöchentlicher Börsenbrief von Josef Obergantschnig 1

(c) FH JOANNEUM / Marion Luttenberger

Im wöchentlichen Börsenbrief von Josef Obergantschnig, Fachhochschullektor an der FH JOANNEUM und Gründer von ecobono, gibt es das Börsengeschehen pünktlich zum Start in das Wochenende aus erfrischend neuen Blickwinkeln.

Top-Gehälter und ein schwankender Immobilien-Gigant

Als ich heute in den frühen Morgenstunden meinen Espresso trinke, muss ich unweigerlich schmunzeln, als ich an die Diskussion mit einem Teenager zum Finanzmarkt denke. Er hat es sich zum Ziel gesetzt, eines Tages Vorstandsvorsitzender eines S&P 500 Unternehmens werden zu wollen, weil diese angeblich ganz gut verdienen. Um schon ein Gefühl dafür zu bekommen, wie hoch sein Gehaltsscheck in der Zukunft ausfallen könnte, wollte er von mir wissen, wie viel die bestbezahltesten Vorstände denn nun wirklich verdienen. Ich muss gestehen, diese Frage konnte ich nicht aus dem Stegreif beantworten. Aber zum Glück gibt es ja das Internet und Google. Und spannenderweise führt der Google (Alphabet)-CEO das Ranking 2022 mit $226 Millionen an. Darüber hinaus hat noch Michael Rapino (Live Nation Entertainment) im Vorjahr die 100-Millionen-Dollar-Grenze überschritten bzw. mit Tim Cook (Apple) der dritte am Podium mit $99 Millionen zumindest einmal an dieser magischen Schwelle gekratzt. Auf Platz 20 liegt Larry Fink von BlackRock mit einer Vergütung von 33 Mio. Dollar. Der am besten bezahlte Finanz-CEO ist aber Stephen Squeri von American Express mit 48 Mio. Dollar.

Am Zinsmarkt hat sich in den letzten ein bis zwei Jahren einiges getan. Um das Ausmaß zu beschreiben, empfiehlt es sich, die aktuellen Renditen mit jenen aus dem Jahr 2021 zu vergleichen. Nehmen wir zum Beispiel einmal das 3-Monatsgeld in den USA. Zum Jahresultimo 2021 lag der Zinssatz bei 0,06%, nicht einmal zwei Jahre später liegen die Zinsen bei 5,5%. Die Rendite für Unternehmensanleihen mit guter Bonität haben sich seit damals nahezu verdreifacht, jene aus dem High-Yield-Segment, also Anleihen mit einem schlechten Rating, mehr als verdoppelt. In diesem Umfeld sind auch die Finanzierungskosten dies- und jenseits des Atlantiks deutlich gestiegen. Die Zinsen für Immobilienkredite in den USA sind mittlerweile über die 8%-Schwelle geklettert und sind damit auf dem höchsten Stand seit 23 Jahren.

In diesem Umfeld ist es nicht verwunderlich, dass auch der globale Immobilienmarkt ins Stottern gerät. In China sorgen die Probleme des Bauträgers Country Garden für hohe Wellen. Das Unternehmen mit rund 70.000 Mitarbeitern gehört zu den größten Bauträgern Chinas und konnte diese Woche zum wiederholten Male ausstehende Zinszahlungen nicht begleichen. Country Garden ist hoch verschuldet und hat mittlerweile Außenstände in der Höhe von 180 Milliarden Euro angehäuft. Nach Evergrande ist damit ein weiterer großer Bauträger Chinas in die Schieflage geraten. Der Immobilienmarkt in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt ist in eine Krise geschlittert. Die Nachfrage ist trotz versuchter Interventionen seitens der Regierung deutlich zurückgegangen. Country Garden teilte mit, dass die Zahlungsschwierigkeiten vor allem damit zu begründen sind, dass die Wohnungsverkäufe für die ersten drei Quartale 2023 um 43,9% unter dem Vorjahreswert liegen. Im September hat sich die Lage nochmals deutlich verschärft. Im letzten Monat sind die Verkäufe gegenüber dem Vorjahresmonat um über 80% eingebrochen. In Zeiten hoher Finanzierungskosten drückt der Schuldenberg gewaltig. Auch wenn ich hoffe mit meiner Einschätzung falsch zu liegen, würde es mich nicht verwundern, wenn der eine oder andere Gigant von der Bildfläche verschwinden wird.

Hohe Zinsen verringern die Investitionsfreudigkeit von Unternehmen aber auch von Privatpersonen. Und das wiederum sorgt dafür, dass der Konjunkturmotor gehörig ins Stottern gerät. Die Sorgenfalten auf den Gesichtern vieler Börsianer:innen zeichnen bereits tiefe Furchen und die Stimmungslage ist sehr angespannt. Der US-Economic Optimism Index erreichte Anfang Oktober ein neues Rekordtief und liegt damit unter dem Niveau der Lehman-Pleite oder der Eurokrise.

2023 scheint auch nicht das Jahr zu sein, in dem viele Börsengänge anstehen. Der IPO des Jahres war der Chip-Designer Arm, welcher mit knapp $5 Milliarden an die Börse gebraucht worden ist. Damit liegt man auf dem 17. Platz der größten Börsengänge in den USA. Das ist auch weniger als Infineon, welches vor vielen Jahren mit $5,23 Milliarden Börsenwert gestartet ist. Das Ranking führt Alibaba ($21 ,7 Mrd.) vor Visa ($17,9 Mrd.) und Enel ($16,5 Mrd. an).

Kommen wir abschließend zu den Währungen. Die Dominanz des US-Dollars ist auch mehr als 20 Jahre nach der Einführung des Euros evident. Der Greenback ist an 88,4% aller FX-Transaktionen weltweit beteiligt. Darüber hinaus wird der Dollar nach wie vor von Vielen als sicherer Hafen angesehen. 59% aller Währungsreserven auf der Welt werden schließlich in US-Dollar gehalten. Der Teenager, der 2050 ein Millionengehalt als CEO eines S&P 500 Unternehmens beziehen wird, kann sich damit entspannt zurücklehnen. Das Geld ist schon einmal in der „richtigen“ Währung.

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