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Wöchentlicher Börsenbrief #75

ibv@fh-joanneum.at
Wöchentlicher Börsenbrief von Josef Obergantschnig 1

Im wöchentlichen Börsenbrief von Josef Obergantschnig, Fachhochschullektor an der FH JOANNEUM und Gründer von ecobono, gibt es das Börsengeschehen pünktlich zum Start in das Wochenende aus erfrischend neuen Blickwinkeln.

Viele All-Time-Highs und ein drohendes Ungemach

Als Espresso-Liebhaber beziehe ich meinen Kaffee direkt aus Italien Zu meinem Glück bin ich noch nicht auf chinesischen Tee umgestiegen. Denn damit verbunden könnte mir einiges Ungemach drohen. Die Stimmen verdichten sich, dass geopolitisch betrachtet die Zeichen auf Sturm stehen: Donald Trump steht ante portas. Die Aktienmärkte nehmen das bisher positiv zur Kenntnis.

 

Auch wenn an den Finanzmärkten Euphorie herrscht, gilt es zu bedenken, dass die Wahrscheinlichkeit eines Handelskrieges zwischen den beiden Dominatoren USA und China deutlich zugenommen hat. Das Welt-BIP hat bereits die 100-Billionen-Dollar-Grenze überschritten. Nahezu jeder fünfte weltweit erwirtschaftete US-Dollar stammt aus den USA, fast jeder fünfte aus China. Die USA sind seit mehr als 150 Jahren die größte Volkswirtschaft der Welt, doch China wird mit hoher Wahrscheinlichkeit in den nächsten Jahren die USA vom Thron stoßen. Das hat große Auswirkungen – insbesondere für Unternehmen, die wirtschaftlich eng mit China verbunden sind, sei es als Kunde oder als Lieferant. Auch der Rising-Star Nvidia, der in den letzten Jahren eine beeindruckende Erfolgsgeschichte schrieb, bleibt nicht unberührt. Doch welche Auswirkungen hätte ein Handelskrieg tatsächlich?

 

Nvidias Abhängigkeit von China ist in den letzten Jahren deutlich gesunken. Noch 2021 machte das China-Geschäft fast 25 % des Umsatzes aus – heute sind es weniger als 15 %. Diese Rückgänge haben dem explosionsartigen Gewinnwachstum des Unternehmens keinen Abbruch getan. Nvidia profitiert von einem massiven Investitionsboom in den USA. Unternehmen wie Microsoft, Alphabet und Amazon haben allein im letzten Quartal 59 Milliarden Dollar in Rechenzentren und KI-Infrastruktur investiert – ein Großteil davon fließt direkt in Nvidias Kassen.

 

Nvidia erwirtschaftet derzeit mehr als 50 % seiner Umsätze außerhalb der USA. Als Trump 2018 seine ersten Zölle ankündigte, verlor die Nvidia-Aktie 31 % an Wert – allerdings war der KI-Boom damals noch nicht in vollem Gange. 2025 wird das weltweite Investitionsvolumen in generative KI auf geschätzte 200 Milliarden Dollar anwachsen. Investor:innen gehen davon aus, dass Nvidia zu den Hauptprofiteuren zählen wird. Unter diesen Rahmenbedingungen wäre ein Handelskrieg für Nvidia zwar äußerst unangenehm, aber mit hoher Wahrscheinlichkeit auch kein Beinbruch.

 

Werfen wir abschließend einen Blick auf die Aktienmärkte. Es dominiert nach wie vor Euphorie: Allein im S&P 500 wurden in diesem Jahr bereits über 50 All-Time-Highs erreicht. Ich bin gespannt, ob wir auch 2024 eine Jahresendrallye erleben werden. Klar ist aber auch, dass mit dem Jahreswechsel die Uhren wieder auf Null gestellt werden – und das Trump-Team dann liefern muss.

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