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Wöchentlicher Börsenbrief #76

ibv@fh-joanneum.at
Wöchentlicher Börsenbrief von Josef Obergantschnig 1

Im wöchentlichen Börsenbrief von Josef Obergantschnig, Fachhochschullektor an der FH JOANNEUM und Gründer von ecobono, gibt es das Börsengeschehen pünktlich zum Start in das Wochenende aus erfrischend neuen Blickwinkeln.

Euphorie und der Elefant an der Eingangstür

Meine Kaffeemaschine tackert, und der Espresso rinnt in meine Tasse, während ich frühmorgens die aktuellen Börsen- und Wirtschaftsnachrichten lese. Irgendwie fühle ich mich in alte Zeiten zurückversetzt: Donald Trump ist zurück und dominiert erneut das Geschehen. Er steckt anscheinend voller Tatendrang – das hat der „neue“ US-Präsident bereits deutlich unter Beweis gestellt. Obwohl er erst im Januar ins Weiße Haus einziehen und die Geschäfte von Vorgänger Joe Biden übernehmen wird, hat Trump schon jetzt Strafzölle angekündigt. Betroffen sind dabei nicht nur der ewige Kontrahent China, sondern auch andere Staaten.

 

Importzölle spülen einerseits dringend benötigte Gelder in die chronisch marode US-Staatskasse. Andererseits verteuern sie die Produkte ausländischer Kontrahenten für US-Bürger:innen – eine Maßnahme, die die heimische Wirtschaft stärken soll. Fakt ist jedoch, dass andere Staaten zum Gegenschlag ausholen und ihrerseits Strafzölle auf US-Produkte erheben könnten. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat bereits vor Vergeltungsmaßnahmen gewarnt. Ihrer Einschätzung nach wäre ein drohender Handelskrieg für niemanden von Vorteil. In ein ähnliches Horn bläst China, das den designierten US-Präsidenten darauf hinweist, dass in einem Handels- oder Zollkrieg niemand als Sieger hervorgehen kann. Eine wirtschaftliche und handelspolitische Zusammenarbeit zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt wäre sowohl für die USA als auch für China von Vorteil. Ich bin gespannt, wo die Reise hingeht. Wird es Trump gelingen, die USA wirtschaftlich zu stärken, ohne die globale Handelsordnung zu destabilisieren? Eines scheint jedoch sicher: Der Elefant wird den Porzellanladen erneut betreten und vermutlich für reichlich Unruhe sorgen.

 

An den Märkten herrscht nach wie vor positive Stimmung. Mit dem Jahr 2024 können Investor:innen (bisher) sehr zufrieden sein. Und ich denke, das wird auch in den letzten Wochen des Jahres so bleiben. 2024 wurde auch eine Zinswende eingeleitet: 27 von 37 Zentralbanken weltweit haben die Leitzinsen gesenkt. Die Inflation konnte eingedämmt werden – was zumindest in Europa auch auf das schwache konjunkturelle Umfeld zurückzuführen ist. Gleichzeitig zeigt sich, dass der US-Aktienmarkt – allen voran die acht Unternehmen des selektiven Billionen-Dollar-Clubs – ein wesentlicher Treiber der Performance ist. Investoren mit einem starken Europa-Fokus können von solchen Zahlen nur träumen.

 

Fakt ist aber auch, dass die Top-10-Unternehmen im S&P 500 mittlerweile fast 40 % der Indexgewichtung ausmachen – ein außergewöhnlich hoher Wert, auch im historischen Vergleich. Unternehmen wie Apple, Microsoft oder Nvidia konnten in den letzten Jahren starke Gewinnwachstumsraten erzielen, und diese Euphorie spiegelt sich in den aktuellen Kursen wider. Doch jetzt scheint sich das Blatt zu wenden. Analyst:innen gehen davon aus, dass der „restliche“ Markt den Abstand zu den aktuellen Börsenstars deutlich verringern wird. Unter Berücksichtigung der günstigeren Bewertung könnte hier das Ertragspotenzial auf längere Sicht deutlich höher sein. Die Frage ist nur, ob auch der Elefant im Porzellanladen mitspielt.

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