Durch die Inkubation des Minidarms mit dem leider mittlerweile weltweit vorkommenden Lebensmitteltoxin Desoxynivalenol (DON) wird der Darm geschädigt und durchlässig gemacht. Es entsteht ein sogenannter „Leaky Gut“. Die Behandlung des geschädigten Darms mit potenziell protektiven Substanzen und deren schützende beziehungsweise heilende Wirkung können in einem sehr viel physiologischeren Setting, als es in anderen, bis dato gängigen In-vitro-Modellen der Fall war, getestet werden. Mit dem für 3-D-Systeme recht hohen Durchsatz steht ein praktikables Darmmodell zur Verfügung, das nicht zuletzt auch dazu beiträgt, die Anzahl von Tierversuchen zu verringern. So können mögliche den Darm schützende Substanzen oder andere Einflussfaktoren auf die Darmintegrität mit dem DON-basierten Leaky-Gut-Modell untersucht werden.
Gut-on-a-chip
Let it flow!Ansprechperson
Um die Auswirkung von protektiven Substanzen auf die Darmbarriere zu erforschen, wurde ein 3-dimensionales Darmmodell auf einem mikrofluidischen Chip In-House etabliert, welches den wachsenden Anforderungen der Physiologie an In-vitro-Modelle gerecht wird. In diesem System wachsen die intestinalen Zellen nicht nur als 3-D-Mini-Darmröhre, sondern werden auch durchflossen – ganz wie in unserem Darm, indem sich der Darminhalt ständig weiterbewegt.
Der Minidarm im Chip: Längs- (links) bzw. Querschnittsaufnahme (rechts) eines mit Immunfluoreszenz gefärbten 3D-Darmröhre (anti-Zonulin 1) erstellt von Mag. Dr. Heimo Wolinski, IMB, Karl-Franzens-Universität Graz.
Das Pilzgift (Mycotoxin) Deoxynivalenol (DON) ist weltweit verbreitet und kommt als Verunreinigung in vielen getreidehaltigen Nahrungsmitteln vor. Dies kann bei übermäßigem Verzehr (vegane Ernährung, Kleinkinder(!)) zu einer vielfältigen pathologischen Symptomatik führen. Akute Symptome einer Vergiftung sind beispielsweise Durchfall, Übelkeit und Erbrechen, während bei langfristiger chronischer Aufnahme von DON sich unter anderem eine erhöhte Infektanfälligkeit und Wachstumsstörungen entwickeln können. Aus tierexperimentellen Studien und In-vitro-Studien mit konventioneller 2-dimensionaler Zellkultur ist bereits bekannt, dass das Toxin schädigende Wirkungen auf die Darmbarriere aufweist, welches in weiterer Folge Auslöser für die oben genannten Krankheitssymptome sein könnte.
Für die nähere Charakterisierung des Effektes von DON auf die Darmbarriere und für die Austestung von möglichen protektiven Substanzen sollten allerdings möglichst physiologische Bedingungen gewählt werden, die nicht auf Tierexperimente zurückgreifen. Deshalb fiel die Wahl auf ein „Organ auf dem Chip“-Modell von Mimetas, in welchem ein kleiner, durchflossener 3D-Minidarm in vitro hergestellt wurde. Im Rahmen dieses Projekts konnte das DON-basierte Leaky-Gut-Modell erfolgreich etabliert und charakterisiert werden und steht für die Austestung potenziell protektiver Substanzen oder Mykotoxin-Mischungen (o. Ä.) bereit.
Referenzen / Publikationen
- Pöschl F, Höher T, Pirklbauer S, Wolinski H, Lienhart L, Ressler M, Riederer M., Dose and route dependent effects of the mycotoxin deoxynivalenol in a 3D gut-on-a-chip model with flow, Toxicol In Vitro, 2023 Apr; 88:105563. doi: 10.1016/j.tiv.2023.105563. Epub 2023 Jan 26. PMID: 36709839.
- C. Martins, D. Torres, C. Lopes, D. Correia, A. Goios, R. Assunção, et al., Deoxynivalenol exposure assessment through a modelling approach of food intake and biomonitoring data – a contribution to the risk assessment of an enteropathogenic mycotoxin, Food Res. Int., 140 (2021), Article 109863
- European Food Safety Authority, Deoxynivalenol in Food and Feed: Occurrence and Exposure, EFS2 (2013), p. 11, 10.2903/j.efsa.2013.3379
- Y. Gao, L. Meng, H. Liu, J. Wang, N. Zheng, The compromised intestinal barrier induced by mycotoxins, Toxins, 12 (2020), p. 619