Projekt

MUSI: Schneehöhenradar

 
Schneeradar

Um Lawinenlageberichte erstellen zu können, sind sogenannte Schneeprofile, die Auskunft über den Schneedeckenaufbau geben, notwendig. Das Projekt, an dem das Institut Electronic Engineering der FH JOANNEUM beteiligt war, beschäftigte sich mit der autonomen Beobachtung der Schneestratigraphie mithilfe einer Radaranlage. Die Stratigraphie der Schneedecke liefert eine der wichtigsten Informationen zur Vorhersage der Lawinengefahr.

Schneebrettlawinen beinhalten den Abgang einer gebundenen Schneeschicht, dem sogenannten Schneebrett, über einer ausgedehnten Schwachschicht. Für eine verlässliche Vorhersage der Schneedeckenstabilität sind laufende Beobachtungen der Schneeschichtung im Gelände –Schneestratigraphie – nötig. Auf konventionelle Weise werden diese nur mittels zerstörender Methoden, das heißt durch manuelles Graben von Schneeprofilen gewonnen. Dies behindert die Erfassung von Informationen über die zeitliche Entwicklung der Schneedecke und setzt die Beobachterin beziehungsweise den Beobachter oftmals einem Lawinenrisiko aus. Bei erhöhter Schneedeckeninstabilität können daher derartige Informationen in Hängen nur selten ermittelt werden.

Ziel des Projekts "Snowpack monitoring with upward-looking radar systems towards improved avalanche risk prediction", kurz: MUSI, ist die autonome Beobachtung der Schneestratigraphie. Gefördert wurde das Projekt von der Deutschen Forschungsgemeinschaft DFG, dem Schweizerischen Nationalfonds SNF und dem österreichischen Wissenschaftsfond FWF im Rahmen des Programmes D-A-CH für drei Jahre.

Ferngesteuerte Radarsysteme messen Schneeschichtung

Das im September 2010 gemeinsam mit Forschungspartnern aus Deutschland, der IUP Universität Heidelberg, Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung, und der Schweiz, dem WSL Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF Davos, gestartete Projekt untersuchte die Möglichkeit der Anwendung von ferngesteuerten, aufwärts schauenden Radarsystemen, mit denen zerstörungsfrei und gefahrlos die lokalen physikalischen Eigenschaften der Schneedecke charakterisiert und abgebildet werden können. Die Radaranlage befindet sich im Geländeboden unterhalb der Schneedecke und wird mit zunehmender Schneehöhe begraben.

Da Schwachschichten in der Schneedecke oftmals eine unterschiedliche Struktur oder unterschiedliche physikalische Eigenschaften als ihre Umgebung besitzen, werden ausgesandte, in der Schneedecke aufwärtslaufende Wellen teilweise reflektiert. Die Analyse der reflektierten Wellen, die durch das Radar empfangen werden, erlaubt eine physikalische Charakterisierung der Schneedecke, beispielsweise Anzahl und Eigenschaften interner Schichten wie Schneedicke und Schneedichte. Diese Daten werden in ein existierendes Modell der Schneedeckenentwicklung assimiliert. Die tägliche Wiederholung solcher Messungen erlaubt die zerstörungsfreie Beobachtung der Entwicklung des Aufbaus der Schneedecken und liefert Informationen quasi in Echtzeit, um die Lawinengefahr abschätzen zu können. Somit ist das Projekt ein erster Schritt in Richtung autonome Beobachtung der Schneestratigraphie, auch in potenziell instabilen Hängen und ohne Risiko für die Beobachterinnen und Beobachter.

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Foto: FH JOANNEUM
Das installierte Schneehöhenradar

Für vergleichende Messungen wurden zwei verschieden Radarsysteme ausgewählt:

  • Ein Ground Penetration Radar (GPR), das üblicherweise in der Geophysik und Archäologie verwendet wird und als Fertiggerät zugekauft wurde.
  • Ein FMCW–Radar, das am Institut Electronic Engineering im Rahmen eines Studierendenprojekts entwickelt und als Prototyp aufgebaut wurde.

Die beiden Radarsysteme wurden im November 2010 nebeneinander am Messfeld des Instituts WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF am Weissfluhjoch in Davos, installiert und lieferten bis 2013 automatisiert Messdaten über die Schneeschichtung.

Tipp:

Lesen Sie mehr im Blogbeitrag Ein Schneeradar, das Leben retten kann.